Gericht verhängt sechseinhalb Jahre Haft wegen erpresserischen Menschenraubs nach Überfall

Kiel/Hartenholm. Von drei maskierten Einbrechern war im Oktober 2013 ein Rentnerehepaar in Hartenholm nachts aus dem Schlaf gerissen und beraubt worden. Jetzt verurteilte das Kieler Landgericht einen der Täter, 33, wegen erpresserischen Menschenraubes zu sechs Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe.

Einen mitangeklagten Bekannten, 42, des Verurteilten sprach die 10. Große Strafkammer nach sechstägigem Prozess aus Mangeln an Beweisen frei. Ein dritter Täter konnte nach dem Überfall untertauchen. Seine Identität ist unbekannt. Der jetzt verurteilte Angeklagte schwieg sich über seine Komplizen beharrlich aus.

Seine Beteiligung räumte der Aserbaidschaner, der sich erst kurze Zeit in Deutschland aufhielt und ohne Dolmetscher kaum verständigen kann, jedoch ein. Wenige Stunden vor der Tat war er von der Polizei kontrolliert worden, weil er ohne Ticket mit der Bahn von Kiel nach Neumünster gefahren war.

Beamte des Landeskriminalamts konnten später seine Täterschaft aufgrund einer DNA-Spur zweifelsfrei nachweisen, so die Urteilsbegründung. Der 33-Jährige hatte während des Überfalls selbst unbeabsichtigt seine Speichelprobe abgegeben, als er im Haus der Opfer arglos einen Schluck aus einer Wasserflasche nahm und diese wieder abstellte. Die 63 Jahre alte Hausfrau beobachtete den Vorfall und gab der Polizei später den entscheidenden Tipp.

Im Fall des in Neumünster lebenden Mitangeklagten reichten die belastenden Indizien der Kammer für eine Verurteilung dagegen nicht aus. Vor und nach der Tat hatte der 42 Jahre alte Transportunternehmer auffallend häufig mit seinem in Kiel lebenden Bekannten telefoniert. Zudem stellte die Polizei in seiner Wohnung ein paar seltene Schuhe sicher, deren Profil zu einem markanten Sohlenabdruck am Tatort passte. Nur 271 Paare solcher „Hush Puppies“ entsprechender Größe waren im Dreijahreszeitraum vor der Tat in Schleswig-Holstein und Hamburg verkauft worden. So die Ermittlungen des Staatsanwalts, der sechseinhalb Jahre Haft für den Schuhbesitzer forderte, jedoch auf Rechtsmittel gegen dessen Freispruch verzichten will.

Das Räubertrio war durch die aufgebrochene Terrassentür in das Einfamilienhaus eingestiegen und erwartete offenbar lohnende Beute. Die Täter sollen in Erfahrung gebracht haben, dass der Besitzer in einem Tresor kostbare Münzen im Wert von 50.000 Euro verwahrte. Doch die Sammlung war kurz vor dem Überfall verkauft worden.

Den Haftbefehl gegen den Mitangeklagten hob die Kammer in der Landeshauptstadt auf, der 42-Jährige wird für die erlittene U-Haft finanziell entschädigt. Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre und drei Monate für den verschuldeten Unternehmer gefordert.

Dem wegen Diebstahls vielfach vorbestraften Mann war die Erleichterung über den Freispruch deutlich anzusehen.