Ein 18-Jähriger im Bundesfreiwilligendienst steht im Verdacht. Ein vierjähriges Mädchen hat sich offenbart

Bad Segeberg . Der junge Mann war beliebt: Die Eltern und das Personal des städtischen Kindergartens Christiansfelde an der Geschwister-Scholl-Straße in Bad Segeberg vertrauten ihm, die Kinder spielten und kuschelten mit ihm. Aber der 18 Jahre alte Segeberger missbrauchte offenbar das in ihn gesetzte Vertrauen. Er steht im Verdacht, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen ihn, die Eltern sind entsetzt und verunsichert. Die Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt des Deutschen Kinderschutzbundes ist eingeschaltet.

„Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Monika Saggau, Leiterin des städtischen Kindergartens. Sie hat sofort gehandelt und zusammen mit Bürgermeister Dieter Schönfeld für den heutigen Donnerstag einen Informationsabend einberufen, um die Eltern zu informieren und mit ihnen zu beraten, wie es weitergehen soll. Ein Präventionsseminar wurde bereits gebucht: „Damit sollen die Kinder gestärkt, die Eltern sensibilisiert und die Mitarbeiter geschult werden.“

Der junge Mann war anderthalb Jahre als Hilfskraft im Kindergarten Christiansfelde tätig. Nach seinem Realschulabschluss begann er als 17-Jähriger ein freiwilliges Soziales Jahr, im Anschluss daran arbeitete er im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes weiter. Er war Hilfskraft in den Kindergartengruppen und entlastete so die hauptamtlichen Erzieherinnen und Erzieher auf offenbar vorbildliche Weise. Irgendwann, in unbeaufsichtigten Momenten, ha er vermutlich begonnen, sich Kindern unsittlich zu nähern. Oberstaatsanwaltschaft Axel Bieler aus Kiel spricht von einem „einfachen Missbrauch“ – das heißt: Der 18-Jährige hat die Kinder im Intimbereich kurz berührt oder gestreichelt und sie geküsst. Es gäbe keine Anhaltspunkte für einen schweren Missbrauch. Der Verdächtige soll in mehreren Kindergartengruppen tätig gewesen sein und darüber hinaus auch von einigen Eltern als Babysitter engagiert worden sein.

Herausgekommen ist das, weil ein vier Jahre altes Mädchen, das von Kindergartenleiterin Monika Saggau als „taff“ bezeichnet wird, der Mutter und den Erziehern sagte, was geschehen war. Das geschah in dem Moment, als die Mutter ihr Kind abholen wollte. Zu Hause befragte die Mutter ihr Kind behutsam weiter und erstattete dann Anzeige bei der Polizei. Die Kriminalpolizei beauftragte eine speziell ausgebildete und erfahrene Mitarbeiterin, die einige Kinder, die inzwischen Ähnliches geäußert hatten, befragte. Es wurde allerdings darauf verzichtet, alle Kinder zu befragen. Nach Angaben von Monika Saggau hat sich der Verdacht des sexuellen Missbrauchs bisher in zwei Fällen erhärtet. „Wir müssen jetzt einen Weg finden, zwischen einer Transparenz im Verfahren und dem Opferschutz“, sagt ihr Dienstvorgesetzter, Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld. „Kindesmissbrauch ist nicht akzeptabel, der Fall muss sorgfältig aufgearbeitet werden.“

Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Bieler ist noch nicht klar, ob der Verdächtigte als Heranwachsender eingestuft wird und sich vor dem Jugendgericht verantworten muss. Als Erwachsener könne eine Mindesthaftstrafe von sechs Monaten verhängt werden, ein Jugendrichter könne erzieherische Maßnahmen zur Prävention anordnen. Darunter falle auch eine psychatrische Betreuung. Als „pubertäres Verhalten“ stuft Axel Bieler die dem jungen Mann zur Last gelegten Taten nicht ein. Bisher gebe es lediglich „Anhaltspunkte von strafbaren Handlungen“.

Für Kindergartenleiterin Monika Saggau sind die mutmaßlichen Vorfälle kein Grund, als Erzieher tätige Männer aus den Kindergärten zu verbannen. „Es gibt nur wenige Männer in den Kindergärten, aber die tun der Arbeit eigentlich sehr gut.“

Erst im Oktober vergangenen Jahres war vom Hamburger Landgericht ein 30 Jahre alter Mann zu fünf Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden, weil er in seiner Norderstedter Wohnung und in einer Kindertagesstätte in Schnelsen Kinder missbraucht hatte.