Eine Norderstedterin hat jahrelang Abwasser-Gebühren für den Garten bezahlt, weil ein kleiner Minusstrich fehlte

Norderstedt. Es ist nur ein Strich. Aber er macht aus einem Soll ein Guthaben. Zumindest in einer Abwasser-Gebührenabrechnung. Bei Brigitte B. aus Norderstedt fehlte der Minusstrich. Und so wurde ihr das über einen Extra-Wasserzähler erfasste Gartenwasser nicht von der Gesamtrechnung abgezogen – sondern als Soll berechnet. Brigitte B. wurde stutzig – und prüfte die Rechnungen der drei Vorjahre. Und siehe da: Auch hier fehlte der Minusstrich. Ein systematischer Abrechnungsfehler beim Abwasser durch die Norderstedter Stadtwerke?

„Diese Rechnungen sind ja auch so unübersichtlich – wer sich da nicht gut auskennt, der übersieht das leicht“, sagt Brigitte B., die lieber unerkannt bleiben möchte. Sie besitzt ein Haus mit Garten. Als sie sich vor vielen Jahren für einen Gartenwasserzähler entschied, war der Garten noch viel größer. Mittlerweile ist ein großer Teil davon durch ein anderes Haus bebaut. „Eigentlich lohnt sich der Zähler für den Restgarten gar nicht mehr“, sagt Brigitte B.

Im Zeitraum zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013 hat Brigitte B. genau 13 Kubikmeter Wasser in ihrem Garten vergossen. Weil das Wasser nicht in die Kläranlage geht, muss sie dafür auch keine Abwassergebühren bezahlen – deswegen lohnt sich ein Gartenwasserzähler ab einer bestimmten Menge an verbrauchtem Wasser.

Die 13 Kubikmeter Wasser finden sich auf der Abrechnung der Stadtwerke. Ein Kubikmeter Abwasser kostet in Norderstedt derzeit 1,85 Euro. Entsprechend müssten Brigitte B. 24,05 Euro für den Gartenwasser-Verbrauch gutgeschrieben werden. Stattdessen bezahlte sie 24,05 Euro zu viel an Abwassergebühren.

„Ich habe einen guten Bekannten, der Rechnungen lesen kann. Und der hat den Fehler entdeckt.“ Brigitte B. mahnte den Abrechnungslapsus bei den Stadtwerken an. Sie bekam eine neue Abrechnung für 2013 mit dem um 24,05 Euro reduzierten Abwasser-Gebührenbescheid und eine Gutschrift aufs Konto. Und auch die Jahre bis einschließlich 2010 erstatteten die Stadtwerke anstandslos über 75 Euro an Abwassergebühren. „Was allerdings die Jahre davor angeht, so wurde mir mitgeteilt, dass die Stadtwerke das nur vier Jahre zurück machen könnten. Davor sei das Betriebsamt zuständig.“

Oliver Weiß, Sprecher der Norderstedter Stadtwerke, bestätigt das: „Die Hoheit beim Abrechnen des Abwassers liegt beim Betriebsamt der Stadt Norderstedt. Wir haben uns als Dienstleister dazu bereit erklärt, die Abrechnung mit den Kunden zu übernehmen.“ Vier Jahre lang können die Stadtwerke Rechnungen einsehen, danach habe nur noch das Betriebsamt den Überblick.

Weiß kann ausschließen, dass es sich bei dem Berechnungsfehler um einen systematischen Fehler handelt. „Das liegt daran, dass jeder Kunde per Hand vom Kundenberater eingegeben wird. Es kann sich also nur um einen persönlichen Fehler eines Mitarbeiters handeln – der uns Leid tut und für den wir uns entschuldigen“, sagt Weiß. Das Kundenkonto von Brigitte B. wurde also zu Anfang falsch angelegt und so setzte sich der Fehler über die Jahre fort.

„Wenn der Kunde das nicht feststellt, dann merken wir das auch nicht“, sagt Weiß. Es wäre zu viel verlangt, alle Kundendaten auf diese Fehler zu durchsuchen. Denn es gebe auch den umgekehrten Fall, der eine Berechnung des Gartenwassers als Abwasser durchaus rechtfertige. „Wenn zum Beispiel – das ist jetzt sehr konstruiert – jemand mit seinem Regenwasser sein Auto in der Auffahrt wäscht und das läuft dann in die Kanalisation“, sagt Weiß.

Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass der Fehler, der Brigitte B. allein in den letzten vier Jahren über 100 Euro kostete, auch bei anderen Kunden mit Gartenwasserzählern aufgetreten ist. Wer sicher sein will, dass bei ihm alles korrekt gelaufen ist, der sollte seine Rechnung also schleunigst prüfen. Oliver Weiß: „Es ist auch in unserem Interesse, wenn die Kunden das tun. Nur so können wir in unserer Abrechnungen besser werden und nicht mehr Fehler machen als nötig.“

Brigitte B. will sich jetzt auf jeden Fall beim Norderstedter Betriebsamt den Rest ihres versickerten Gebührengeldes zurückholen. Den Gartenwasserzähler wird sie demnächst abmontieren. Der muss nämlich laufend vom Fachmann geeicht und regelmäßig ausgetauscht werden. Brigitte B.: „Die Kosten dafür werden durch die Einsparung beim Abwasser gar nicht aufgehoben. Also – was soll’s.“