Eine Glosse von Gerd Schlüter

Dass Fahrschüler möglichst unter praxisnahen Bedingungen ausgebildet werden sollten, leuchtet mir ein. Obwohl ich der Meinung bin, Fahrlehrer sollten das Einparken schon mindestens einmal auf der grünen Wiese geübt haben, bevor sie ihre Führerschein-Aspiranten auf die Menschheit loslassen und sie nachmittags im mittleren Berufsverkehr an der Rathausallee in Norderstedt einparken lassen.

Eine junge Dame hatte am Dienstag gegen 14 Uhr alle Mühe, den blauen Tiguan einzuparken. Zwar fehlte dem Wolfsburger SUV gänzlich das „Bitte-haben-Sie-Verständnis-Schild“, aber an den zusätzlichen Außenspiegeln erkennt fast jeder: Hier ist nicht unbedingt ein Routinier am Werk! Zum Glück war’s ein Behinderten-Parkplatz, der ja beim Einparken ein wenig mehr Freiheit bietet. Vor, zurück, Motor stirbt ab, vor und zurück usw. Übung macht den Meister!

Die Schlange der Autos hat sich mittlerweile fast bis zur Ulzburger Straße ausgerollt. Eilige Autofahrer sind zwar genervt, aber niemand ist sichtlich erregt oder drückt etwa auf seine 12-Volt-Tuba. Endlich, es ist geschafft! Doch statt sich nun wieder in den fließenden Verkehr einzuordnen, dreht die junge Dame dem Auto mit Absicht den Saft ab und bleibt auf dem Behinderten-Parkplatz stehen. Der junge Fahrlehrer nimmt sich die Freiheit und steigt aus, um ein Schriftstück im Rathaus abzugeben bzw. in den Briefkasten zu werfen.

Nach wenigen Minuten kommt er zurück, steigt ins Auto, telefoniert mit seinem Handy – und ab geht die Post. Solche vorbildlichen Fahrlehrer braucht das Land!