Ich werde in diesem Jahr so alt wie die Zeitung, für die ich schreibe und die Sie gerade in den Händen halten.

Was meinen und den Zustand der Zeitung angeht, nun, da müssen andere entscheiden, wer bei dem Vergleich besser wegkommt. Ich habe noch Haare und nehme keine Medikamente. Die Zeitung hat keine Haare, und Medikamente muss nur mancher Leser nehmen, nachdem er die Zeitung gelesen hat. Ich sehe schon, diese Vergleiche führen zu nichts.

Die Zeitung ist mein Leben, hab ich gestern beim Joggen gedacht. Klingt pathetisch, lässt sich aber nicht ändern. Dafür bin ich zu lange dabei. Dann habe ich das umgedreht und überlegt, wie das wäre: mein Leben als Zeitung. In einer inneren Redaktionskonferenz habe ich dann die Themen festgelegt.

Einen peinlichen Wutausbruch würde ich als Glosse wählen

Aufmacher ist klar: Liebe des Lebens getroffen, tollste Tochter der Welt gezeugt, und auch nach zehn Jahren Ehe hauen wir uns nicht die Köppe ein zu Hause. Eine Geschichte gegen den Trend zum Patchworken. Statt Kommentar würde ich eine Glosse über meine komplett peinlichen Wutausbrüche schreiben, etwa den, als ich mit meinem Handy im Brass die Windschutzscheibe meines Autos zerschmetterte. Beistücke auf der Seite würden sich um Hypochondrie („Der Tod ist ein Ziehen im Handgelenk“), Fußball („Die Überlegenheit der Freiburger Fußballschule im Spiegel der Zeit“) und die Einführung der Herdprämie für Männer („Bei uns kocht immer Papa!“) drehen. Kinder-Nachricht: Wie ich 1974 Singener Lego-Baumeister in der freien Kategorie wurde.

Das Geständnis eines Ladendiebes wäre meine Polizei-Meldung

Was die Kultur angeht, so schwanke ich zwischen dem Musikschul-Vorspiel einer Gavotte auf einer Gitarre mit drei ungestimmten Saiten und der Lesung einer meiner Kurzgeschichten, in der Harvey Keitel und eine eingewachsene Fistel im Hintern vorkommen. Gesellschaft und Panorama: Wie ich mich einmal bei der After-Show-Party der Filmpremiere von Robert Altmans „Short Cuts“ in New York neben Schauspieler Tim Robbins einen Teller Antipasti in einen Vorhang fallen ließ.

Wirtschaft: irgendwas über Dispo-Zinsen. Sport: Riesengeschichte über Joggen, und was man für gute Ideen dabei bekommt. Als Polizei-Meldung das Geständnis eines Ladendiebes, der 1982 in einem Tante-Emma-Laden das „Mad“-Heft zwischen die „Bravo“ schob und nur die „Bravo“ bezahlte. Sorry.