Am Sonntag entscheiden 12.296 Bürgerinnen und Bürger in der Kurstadt über das Haus der sozialen Dienste

Bad Bramstedt. 12.296 Bramstedter haben am Sonntag die Chance, über die Zukunft des Hauses der sozialen Dienste zu entscheiden. Nach dem ersten Bürgerentscheid der Stadtgeschichte wird klar sein, ob das 150 Jahre alte Gebäude an der Altonaer Straße abgerissen wird, um Platz für eine Kindertagesstätte zu schaffen, oder ob es stehen bleiben kann – mit ungewisser Zukunft. CDU, SPD, Grüne und Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach (FDP) haben sich für einen Abriss ausgesprochen. Die FDP, die den Bürgerentscheid angestoßen hat, will den Erhalt.

Die Prozedur ähnelt der bei einer Wahl. Die Wahllokale sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Mitarbeiter des Rathauses stehen bis 15 Uhr für Notfälle bereit. Wer plötzlich erkrankt und trotzdem wählen will, kann dort mit seiner Vollmacht die Wahlunterlagen für eine Briefwahl abholen lassen. Die Abstimmungsleitung ist am Sonntag unter Telefon 04192/506-50 erreichbar. Ab 18 Uhr werden die Ergebnisse im Rathaus bekannt gegeben und aktuell auf der Homepage der Stadt (www.bad-bramstedt.de) veröffentlicht.

Wählen darf jeder Bramstedter, der das 16. Lebensjahr vollendet hat. In der Wahlkabine erwartet die Bramstedter ein kompliziertes Verfahren. Tatsächlich stehen zwei Bürgerentscheide auf dem Programm. Hinzu kommt auf dem Wahlzettel eine Stichfrage. Somit müssen die Wahlberechtigten drei Kreuze machen. Bei der ersten Frage geht es darum, ob der Wähler für den Erhalt des Hauses ist. An zweiter Stelle muss der Wahlberechtigte ankreuzen, ob er für einen unverzüglichen Abriss ist oder nicht.

Eine Mehrheit kommt zustande, wenn mindestens 18 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja gestimmt haben. Das entspricht etwa 2000 Stimmen. Sollte der unwahrscheinliche, aber rechnerisch mögliche Fall eintreten, dass die 18-Prozent-Hürde bei beiden Fragen überschritten wird, soll die Stichfrage verhindern, dass zwei einander ausschließende Wahlergebnisse vorliegen. Bei der Stichfrage müssen die Bürger festlegen, welche Entscheidung gelten soll, wenn für beide Bürgerentscheide mehrheitlich mit Ja gestimmt wird.

Tritt der ebenfalls unwahrscheinliche, aber denkbare Fall ein, dass die Mehrheiten gegen einen Erhalt, aber auch gegen einen unverzüglichen Abriss sind, ist die Stadtverordnetenversammlung am Zug. Die Fraktionen treffen sich am Dienstag im Saal des Schlosses zu einer Sondersitzung, um über die Konsequenzen aus den Abstimmungen zu beraten. Bereits am Montag tagt der Abstimmungsausschuss, um das Ergebnis rechtsverbindlich festzustellen.

Sollten sich die Bramstedter für einen Abriss aussprechen, könnten theoretisch am Mittwoch die Bagger anrücken, doch dazu wird es nicht kommen. „Wir haben allen gesagt: Ihr könnt in Ruhe ausziehen“, sagt Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. Als letzter Nutzer hält sich noch der Sozialverband im Haus der sozialen Dienste auf und hat alle Vorbereitungen für einen Umzug getroffen. Das Rote Kreuz – einst größter Nutzer des denkmalgeschützten Gebäudes – hat bereits ein anderes Gebäude an der Ortsgrenze zu Fuhlendorf bezogen. Dort soll der Sozialverband Untermieter werden.

Für Irritationen sorgten in den vergangenen Tagen Berichte des Sozialverbands über eine Nutzungsvereinbarung mit der Stadt, die überraschend aufgetaucht ist und offenbar jahrelang in Vergessenheit geraten war. Laut dieser Vereinbarung müsste sich die Stadt an langfristige Kündigungsfristen im Haus der sozialen Dienste halten. Kütbach geht jedoch nicht davon aus, dass der Sozialverband darauf pochen werde. „Alle Organisationen haben stets gesagt: Wir sind kooperationsbereit“, sagt Kütbach. Er rechnet damit, dass am Sonntag das Ergebnis gegen 20 Uhr vorliegt.

„Das Wichtigste für Sonntag ist, dass die Bürger am Bürgerentscheid teilnehmen, damit es eine eindeutige Entscheidung in die eine oder andere Richtung gibt“, sagt Helmer Krane, Vorsitzender des FDP-Ortsverbands. „Selbstverständlich werden wir jede Entscheidung akzeptieren.“ Die FDP steht im politischen Raum mit ihrer Forderung allein da. In der Bevölkerung scheint jedoch Rückhalt für die Forderung nach dem Erhalt vorhanden zu sein. Binnen weniger Tage war es den Liberalen gelungen, mehr als 1000 Unterschriften zu sammeln, um den Bürgerentscheid durchzusetzen.

Bei CDU, SPD und Grünen stieß dieses Projekt auf Unverständnis. Unisono haben die drei Parteien dazu aufgerufen, für den Abriss des Gebäudes zu stimmen, weil dringend neue Kita-Plätze gebaucht werden und Zuschüsse in sechsstelliger Höhe in Gefahr geraten könnten.

Ein „Ja“ zum Bürgerentscheid sei kein „Nein“ zu Kindern, sagt Krane. „Auch wir möchten Krippenplätze, aber wir wollen es mit weniger Schulden und verträglicher für die sozialen Vereine.“ Die FDP will zusätzliche Betreuungsmöglichkeit in der Kita Löwenzahn schaffen. Ein Investor stehe bereit.