WHU fordert geordnete Innenentwicklung und will einen Gestaltungsbeirat gründen

Henstedt-Ulzburg. Ortsteil Ulzburg, Hamburger Straße: Ein Gebäudeklotz steht direkt am Fußweg. Auf der anderen Straßenseite wurde im vergangenen Jahr ein Seniorenheim im „Neue-Heimat-Stil“ der 60er-Jahre errichtet. Direkt daneben, in Richtung Bahnhofstraße, laufen die Vorbereitungen für den Bau eines Stadtquartiers mit Häuserblocks, die zwei Staffelgeschosse aufweisen werden. In der Gartenstraße steht neben kleinen Einfamilienhäusern der Rohbau einer vergleichbar mächtigen Reihenhauszeile. Am Kronskamp, der ebenfalls durch Einzelhäuser geprägt ist, soll auf dem Grundstück des im vergangenen Jahr verstorbenen Möbelkaufmanns Werner Hesebeck ein dreigeschossiger Wohnblock entstehen. Dieser innerörtliche „Wildwuchs“ ist legitim, ob er allerdings zeitgemäß ist, bezweifeln zumindest die Politiker der WHU. Sie setzen sich für eine geordnete Innenentwicklung mit verträglichen städtebaulichen Lösungen ein.

Henstedt Ulzburg bleibt Dorf, aber das Ortszentrum wird städtischer

Ex-Bürgermeister Volker Dornquast war im vergangenen Jahr ein eifriger Verfechter der „Dorfpolitik“. Er machte sich erfolgreich dafür stark, dass Henstedt-Ulzburg Gemeinde bleibt, weil er keinen Stadtcharakter erkennen konnte. Eine überwältigende Mehrheit der Wähler folgte im vergangenen Jahr bei einem Bürgerentscheid seinem Vorschlag, keine Stadtrechte zu beantragen, obwohl sich Henstedt-Ulzburg der 30.000-Einwohner-Grenze nähert. Tatsächlich aber wird das Gepräge des Ortsteils Ulzburg zunehmend städtischer.

Wenn das City Center Ulzburg (CCU) fertig ist und das neue Manke-Stadtquartier hinter dem AKN-Bahnhof steht, gibt es eine durchgehende massive Bebauung von der Lindenstraße bis zur Gutenbergstraße. Außerdem entstehen zurzeit Häuser, die eigentlich nicht in die Umgebung passen. Das kann auch in Zukunft geschehen: Höhenbegrenzungen fehlen in einigen Bebauungsplänen aus der Dornquast-Ära. Und wo es sie gibt, können sie mit Staffelgeschossen zum Teil ausgehebelt und umgangen werden.

Die Planer sollen aus den Bausünden der Vergangenheit lernen

Gegenüber des AKN-Bahnhofes steht der Bau eines größeren Wohn- und Geschäftshauses unmittelbar bevor. Auch auf diesem, schon seit Jahren brachliegenden Gelände, will der Investor alle gebotenen baulichen Möglichkeiten ausnutzen. Der Henstedt-Ulzburger Geschäftsmann Horst Beckmann hatte das Grundstück mitsamt der alten, inzwischen längst abgerissenen Ladenzeile und der dahinter stehenden Jugendstilvilla schon vor etwa zehn Jahren erworben. Die Bebauung hatte er hinausgezögert, weil lange nicht sicher war, ob auf der anderen Straßenseite ein Einkaufszentrum entstehen würde. Mit dem Bau des CCU, das im September eingeweiht wird, sieht er auch für sein Gebäude bessere Vermarktungschancen.

Damit die „Skyline“ von Ulzburg nicht ausufert, beantragt die WHU die Gründung eines Gestaltungsbeirats, in dem neben den örtlichen Politikern und Planern auch neutrale Architekten helfen sollen, Henstedt-Ulzburg ein „Gesicht“ zu geben. „Wir werden alte Sünden nicht reparieren können, aber es ist unsere Pflicht, aus Fehlern zu lernen“, sagt WHU-Gemeindevertreter Kurt Göttsch, der auf die Vielzahl von künftigen Großbauvorhaben hinweist und einen Antrag zur Innenentwicklung Henstedt-Ulzburgs ausgearbeitet und vorgelegt hat. Mit dem Antrag wird die Verwaltung aufgefordert, eine umfassende Übersicht des Potenzials einer moderaten Innenentwicklung vorzulegen.

Die Politiker wollen die Bauleitplanung in Zukunft im Griff behalten

Die WHU will von der Verwaltung wissen, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, Bebauungspläne zu verändern und welche finanziellen Belastungen dabei auf die Gemeinde zukämen. Am Beispiel des viel diskutierten Hauses an der Hamburger Straße und der Reihenhauszeile an der Gartenstraße soll dabei exemplarisch aufgezeigt werden, ob und mit welchen Folgen diese Art der Bebauung hätte verhindert werden können. „Wir wollen wissen, was auf Grund bestehender alter Bebauungspläne noch an Bauvorhaben ohne Höhenbegrenzung möglich ist, um zu wissen, was noch auf uns zukommen kann“, sagt Kurt Göttsch.

Dass die WHU mit ihrem Antrag den Nerv vieler Bürger trifft, zeigen die Protestreaktionen auf den bis an den Fußweg reichenden Wohnblock an der Hamburger Straße und den Reihenhausbau an der Gartenstraße. Kurt Göttsch: „Wir müssen die Bauleitplanung im Griff behalten.“

Der Umwelt- und Planungsausschuss beschäftigt sich am Montag, 14. April, unter anderem mit dem Antrag der WHU. Die Sitzung beginnt um 18.30 Uhr im Ratssaal, die Tagesordnung umfasst 19 Punkte.