Der Saturn-Technikmarkt am Herold-Center wurde am Donnerstag eröffnet. 800 Kunden warteten um 6 Uhr vor der Tür

Norderstedt. Der coolste Vertreter dieses frühen und aufregenden Morgens ist ein Herr im weißen, mit Farbklecksen übersäten Maler-Outfit, der 20 Minuten nach der großen Welle der Schnäppchenjäger in den neuen Saturn am Herold-Center geschlendert kommt, die Hände in den Taschen der weißen Latzhose, und einen Mitarbeiter des Technikmarktes fragt: „Moin! Ich muss in einer Viertelstunde zum Arbeiten. Nu sach mal, was hier heute der beste Schnapper ist?!“

So entspannt ist am Donnerstag, kurz zuvor, gegen 6 Uhr, kaum jemand der Wartenden, die sich in der ungemütlichen De-Gasperi-Passage vor den Glastüren zum Aufgang des Saturn eingefunden haben. Vielleicht 800 Technikbegeisterte, dicht gedrängt, und alle mit dem Gefühl, vielleicht doch noch irgendwie zu spät zu kommen.

Oben im Markt stehen die 45 Mitarbeiter des Saturn Spalier. Lächelnd erwarten sie den Ansturm der Kunden. Geschäftsführer Julian Norberg lässt um Punkt 6 Uhr die Löwen in die Manege, sprich er gibt das Zeichen zur Türöffnung und die Rolltreppen, die die Leute in die 3200 Quadratmeter große Verkaufsfläche über dem Karstadt-Warenhaus bringen sollen, laufen an. Die Gierigen nehmen sie im Laufschritt, die Masse drückt unerbittlich von hinten, es dauert keine zwanzig Sekunden, bis ein gellender Schrei die Szenerie zum Stocken bringt.

Im Gedränge hat sich eine Frau zwischen den rotierenden Handläufen der beiden Rolltreppen verfangen und ist gestürzt. Während andere rücksichtslos die Chance nutzen, um noch schneller zum LED-TV zu kommen, versuchen Hilfsbereite, die geschockte Frau zu befreien. Es gelingt mit Mühe. Weinend und fertig mit den Nerven erreicht die Frau den Markt. Und wirft sich wie alle anderen in den Kampf um die Sonderangebote.

Der ganz große Renner ist ein riesiger LED-TV. „300 Euro billiger als normal“, informiert ein Herr, der sich gleich drei der Dinger von der Palette zieht. Es wird gedrängelt und geschubst. Bald ist die Palette, auf der eben noch etwa 100 Geräte standen, leer gefegt. An anderen Stellen des Ladens balgen sich die Kunden um Spielkonsolen, Smartphones, Kameras, Waschmaschinen oder Telefonkarten.

Die meisten hier brauchen die Geräte wirklich. Weil sie zu Hause aufrüsten wollen. Ein Herr hat gleich drei Hifi-Verstärker, fünf Kaffeemaschinen, etliche Handys, Tablets und drei Staubsauger auf einem Rollwagen. „Sammelbestellung aus unserem Verein“, verrät er. „Glaub ich nicht“, raunt einer in der Schlange vor der Kasse. „Das stellt der doch alles heute Mittag bei Ebay rein.“

Überhaupt – die Schlangen. In den Markt hineinzukommen, war die leichteste Übung des Morgens. Wieder aus ihm herauszukommen, ist die schwerste. Vor den Kassen bilden sich ewige Schlangen, die sich zwischen den Verkaufsregalen hindurchwinden. Selbst einige „Notkassen“, die extra und ambulant an den Seiten des Marktes aufgemacht wurden, entspannen die Lage nur unwesentlich. Noch dazu fallen hier ständig die Kassensysteme aus. Bald ist an manchen Kassen nur noch Barzahlung möglich. Wer nur die EC-Karte dabei hat, hatte sich eine halbe Stunde umsonst angestellt und durfte das Spiel an einer überlaufenen Kasse erneut beginnen. „Die Lesegeräte waren schlicht überlastet und sind zeitweise ausgefallen“, sagt Geschäftsführer Norberg. „Besser so, als wenn keiner kommt und alles leer steht.“

Nicht wenige kamen bei so viel Warterei ins Grübeln über ihre Kaufentscheidung. „Eigentlich brauche ich das gar nicht wirklich“, sagt ein Mann, der sich ein Tablet-PC ausgesucht hat. „Hol ich mir eigentlich nur, damit ich was zum Spielen habe.“ Es entspinnt sich ein angeregtes Gespräch mit viel Kulturkritik. „Wenn ich sehe, was die Kollegen alles haben. Smart-TV, Smartphone, Laptop, Tablet-PC, HD-TV extra und natürlich Sky-Vollpaket. Geht’s noch? Die glotzen nur noch in diese Displays!“ Dann darf er vorrücken an der Kasse, weil er bar bezahlen kann und freut sich wie ein Schneekönig.

Die Kassenlage entspannt sich gegen 9 Uhr. Alles geht zügig voran. Julian Norberg zieht gegen Mittag ein Zwischenfazit: „Alles gut gelaufen. Das ist meine 14. Saturn-Eröffnung und sie ist eine der besten, die ich bisher erlebt habe.“ Bis zum Abend rechnet er mit bis zu 30.000 Kunden an diesem Eröffnungstag in Norderstedt.

Der Malermeister übrigens hat sich ohne Einkauf getrollt. Die Schlangen an den Kassen waren ihm zu lang. Da hätte er es nie im Leben rechtzeitig zur Arbeit geschafft. Doch bevor er geht, muss er noch eine „unangenehme Frage“ klären. „Gibt es heute hier Zulage für euch?“, fragt er den netten Saturn-Angestellten. „Ja, bekommen wir. Und zu essen gibt es nachher auch“, antwortet der. „Hört sich gut an. Ein guter Arbeitgeber, der Saturn?“ Der Mitarbeiter strahlt: „Ja! Und wenn Sie was brauchen: Kommen Sie morgen wieder. Wir sind da, täglich von 9.30 bis 20 Uhr, wir gehen nicht mehr weg.“