Die Sicherheitsinitiative der Grünen für die stark befahrene Schleswig-Holstein-Straße in Norderstedt zeigt Wirkung

Norderstedt. Momentaufnahme am Mittwochnachmittag, gegen 16.30 Uhr auf der Schleswig-Holstein-Straße an der Einmündung der Straße Am Exerzierplatz: Auf der Links-Abbiegerspur steht ein Stau von fünf Wagen. Ganz hinten der Fahrer eines aufgemotzten VW-Transporters in Weinrot. Dem geht das hier nicht schnell genug. Mit quietschenden Reifen und Vollgas rast er an der Warteschlange auf der Gegenfahrbahn vorbei und brettert in Richtung der Gemeinschaftsschule Harksheide davon.

Diverse Radfahrer versuchen gleichzeitig, an der Kreuzung zum schön ausgebauten Radweg in Richtung Glashütte überzusetzen. Die Autos sollen hier eigentlich nur 60 fahren. Macht aber gefühlt niemand. Ein BMW-Fahrer rast mit geschätzten 90 Sachen vorbei, keinen halben Meter vor den wartenden Radlern. Eine Frau hält schließlich an und lässt die Radler rüber. Ein kleiner Rückstau entsteht. Plötzlich – ein lang gezogenes Quietschen am Stauende. Ein 40-Tonner aus dem Baltikum scheint es nicht gewohnt zu sein, dass an dieser Stelle der Verkehr stockt. Der Lastzug kommt gerade noch zum Stehen. Es riecht stechend nach verbranntem Gummi.

Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, und Detlef Grube, der Stadtvertreter der Grünen aus Norderstedt, müssen eigentlich gar nicht mehr aussprechen, um was es den beiden bei diesem Ortstermin geht. „Wir wollen nicht warten, bis an dieser Stelle der erste Fußgänger oder Radfahrer stirbt. Wir wollen, dass diese Kreuzung entschärft wird“, sagt von Kalben. Eingeladen von den Norderstedter Kollegen wollte sich die Landespolitikerin ein Bild von der Verkehrssituation machen. Und sie ist negativ beeindruckt.

Es könnte jetzt alles ganz schnell gehen, sagt von Kalben. „Wir haben im Gespräch mit Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote erfahren, dass die Stadt bereit wäre, die Kosten für eine Ampel zu übernehmen. Ich werde mich bei der Sitzung des Landtags in der kommenden Woche an Verkehrsminister Reinhard Meyer wenden und darauf drängen, dass die Ampel zügig genehmigt wird“, sagt von Kalben.

Oberbürgermeister Grote begrüßt die Unterstützung durch die Landes-Grünen: „Wir haben es ja selbst vor Jahren mit einer Ampel an der Stelle versucht, scheiterten aber an der Zustimmung durch den Landesbetrieb Verkehr.“ Am Ende konnte die Stadt an der Einmündung zur Straße Am Exerzierplatz nur die Geschwindigkeitsreduzierung von 80 auf 60 Stundenkilometer durchsetzen. Grote geht bei der Entschärfung der Gefahrenstelle jetzt noch weiter: „Wenn wir in der Zukunft die Verkehrsüberwachung im Stadtgebiet vom Kreis übernehmen könnten, würden wir an dieser Stelle auch mit festen Radar-Anlagen arbeiten.“ Gute Erfahrungen habe man damit an der Flughafen-Umgehung gemacht, wo die Blitzgeräte einen jahrelangen Unfallschwerpunkt entschärften.

Für die Grünen ist die Ampel an der Einmündung Exerzierplatz allerdings nur eine Etappe auf dem Weg zu ihrem Ziel, die Schleswig-Holstein-Straße insgesamt sicherer zu machen. Unweit der Stelle stehen immer noch die Teelichter an dem Baum, an dem am 19. Februar zwei Männer bei einem Aufprall getötet wurden. Die Todesopfer fünf und sechs in nur zwei Jahren auf der Umgehungsstraße. „Der Verkehr und der Charakter der Schleswig-Holstein-Straße haben sich in den vergangenen 30 Jahren verändert. Das Sicherheitskonzept nicht“, sagt Detlev Grube. Für ihn zählt dabei die überhöhte Geschwindigkeit zu den häufigsten Ursachen für die Unfälle. „Der aktuelle Verkehrsreport der Norderstedter Polizei spricht bei dem Unfall mit zwei Toten im Februar von einer Aufprallgeschwindigkeit von 77 Stundenkilometern“, sagt Grube. Es sei der letzte von etwa 200 Unfällen seit 2000 auf der Schleswig-Holstein-Straße, bei dem die überhöhte Geschwindigkeit ursächlich war oder eine große Rolle gespielt habe. Der Norderstedter Verkehrs-Experte Kai Hädicke-Schories hatte bislang von nur 40 Unfällen dieser Art gesprochen. Grube: „Die Polizei erfasst eine Vielzahl der Unfälle bei überhöhter Geschwindigkeit in ihrer Statistik als ,fehlerhaftes Fahrverhalten’, was zu dem missverständlichen Rückschluss führt, dass schnelles Fahren insgesamt keine Hauptunfallursache sei.“ Bei vielen Unfällen in Abbiege-Situationen oder bei Auffahrunfällen sei demnach die Geschwindigkeit der Unfallfahrer entscheidend gewesen.

Entspannen kann man die Situation auf der Landesstraße aus Sicht der Grünen nur durch ein generelles Tempo-Limit von 60 Stundenkilometern. Auch dafür wollen sich Grube auf kommunaler Ebene und Eka von Kalben auf Landesebene einsetzen. Die Fraktionschefin der Grünen will außerdem versuchen, bei der Forderung nach einer Ampel für die Einmündung Exerzierplatz mit ihrer Norderstedter Landtagskollegin Katja Rathje-Hoffmann (CDU) über Fraktionsgrenzen hinweg mit einer Stimme zu sprechen. Von Kalben: „Ich kann mir gut vorstellen, dass sie diese Idee mit unterstützen wird.“