„Kaninchenmord“ in Stuvenborn macht sprachlos. Auch in Tönningstedt wurde ein getötetes Hauskaninchen gefunden

Stuvenborn/Tönningstedt. Fassungslos starrt Pia Thies auf den Freilauf auf der Koppel ihres Bauernhofs in Stuvenborn. Bis vor Kurzem tummelten sich hier noch ihre elf Kaninchen, jetzt ist er leer; Bounty, Crusoe, Almuth, Memphis und Lucky sind tot. Ein unbekannter Täter stieg in der Nacht auf den 24. März in den Stall ein und brach ihnen das Genick.

Noch vor der Arbeit ging Thies am Morgen nach der Tat zum Stall. Als sie die Tür zum Freilauf öffnen wollte, erblickte sie die leblosen Körper: Vier Kaninchen lagen im Freilauf, eines hatte sich noch bis in den Stall geschleppt. Zunächst habe sie gar nicht realisiert, dass es ihre geliebten schlappohrigen Widderkaninchen sind, die dort tot am Boden liegen. Dann der Schock: „Ich war völlig verzweifelt, habe die Kaninchen einzeln ins Stroh gebettet.“

Anfangs dachte die 27-Jährige an eine Krankheit als Ursache. Doch das Landeslabor hat die Kaninchen untersucht, Ergebnis: Ein Mensch muss ihnen das Genick durch einen Schlag oder einen festen Griff gebrochen haben. Dass ein Tier die Kaninchen getötet hat, ist ausgeschlossen.

Die Tat steht im krassen Gegensatz zur ländlichen Idylle in Stuvenborn und gibt Rätsel auf. Die Koppel liegt nicht abgelegen, ringsum können die Nachbarn aus mehreren Fenstern den Freilauf der Tiere einsehen. Der Freilauf ist zudem mit einem etwa einen Meter hohen elektrischen Zaun gesichert. Allein das Einfangen der fünf Kaninchen dürfte sich sowohl im riesigen Stall oder auch im Freilauf schwierig gestaltet haben. „Besonders Memphis läuft schnell und lässt sich kaum fangen“, sagt Pia Thies.

Sechs Kaninchen haben die Attacke überlebt. Sie leben jetzt im engen Stall, der für kranke Kaninchen vorgesehen ist. Er ist mit einem stabilen Schloss gesichert. „Ich habe Angst um sie“ sagt Thies, bis auf Weiteres dürften sie nicht ins Freie. „Ich überlege sogar, ob ich sie weggebe. Woanders sind sie eventuell sicherer.“ Auch sie selbst habe im Dunkeln ein mulmiges Gefühl.

Für die Bürokauffrau sind die Kaninchen mehr als nur ein Hobby. Zeitweise besaß sie 40 Tiere; nahm sie, aus schlechter Haltung kommend, auf und sorgte liebevoll für sie. Noch heute, elf Tage nach der Tat, ist sie geschockt und ratlos: „Wer bringt schon Kaninchen um? Eine Katze oder ein Hund könnten ja mal stören, aber Kaninchen tun niemandem etwas“, so Thies.

Ihre Kaninchen sind möglicherweise nicht die einzigen, die dem Täter zum Opfer gefallen sind. Schon in der Nacht vor der Tat sind bei Nachbarn zwei Kaninchen verschwunden. Das Haus liegt etwa 200 Meter entfernt. Der Stall der Kaninchen lag umgekippt und mit geöffneter Tür auf dem Boden. „Viel spricht dafür, dass die Tiere gestohlen wurden“, sagt Thies.

Keine 15 Kilometer entfernt, im Sülfelder Ortsteil Tönningstedt, hat Torben Gatzke beim Dorfputz am vergangenen Sonnabend ebenfalls ein getötetes Hauskaninchen entdeckt. Es wurde in einem großen Futtersack aus Plastik dort abgelegt. Gatzke hielt den Sack für Müll, hob ihn auf. Daraufhin viel der leblose Körper des großen schwarz-weiß gescheckten Kaninchens aus dem durchnässten Futtersack.

„Ein Mensch muss das Kaninchen dort hingelegt haben“, sagt Gatzke. Wie das Tier getötet worden ist, könne er nicht sagen. Ein Genickbruch sei aber möglich, er habe keine Blutspuren entdecken können. Gatzke ist ehemaliger Kaninchenzüchter. Dass jemand sein verstorbenes Hauskaninchen einfach so am Wegesrand ablegt, könne er sich nicht vorstellen. Die Sache sei für ihn unerklärlich. Sülfelds Bürgermeister Karl Hein Wegner ist erschrocken über die Funde: „Kein normaler Mensch geht so mit einem Tier um.“

Die Polizei hat die Ermittlungen bisher nur im Fall der in Stuvenborn vermissten oder getöteten Kaninchen aufgenommen. Hinweise seien jedoch nicht eingegangen. Genauere Kenntnisse über den Fund in Tönningstedt hat die Polizei bisher nicht. Die Sprecherin der Polizei sagt aber: „Falls das Kaninchen in Tönningstedt wirklich in einem Futtersack aus Plastik gefunden worden ist, kann es nur ein Mensch dort hingepackt haben.“ Wie es gestorben sei und ob es sich möglicherweise um denselben Täter handele, sei unklar.

Pia Thies hofft unterdessen weiter auf entscheidende, womöglich anonyme Hinweise. „Anders als meine Nachbarn habe ich wenigstens Gewissheit – wenn auch eine traurige.“ Falls der Täter eines Tages gefasst werden sollte, wolle sie von ihm wissen, ob ihre Lieblinge leiden mussten. Am wichtigsten sei ihr persönlich aber eine andere Frage: „Was für ein Mensch tut so etwas?“