Dänische Wissenschaftler feiern den Zufalls-Fund eines bearbeiteten Steines als Sensation

Norderstedt. Die Schaufel stieß auf etwas Hartes. Als ob der Arbeiter eine Vorahnung gehabt hätte, schaute er sich den Aushub für das Parkhaus auf der Tesa-Baustelle genau an. Und rief kurz danach Jens Koth, Prokurist der One Tesa Bau GmbH, hinzu. Der Beginn einer Geschichte, die Archäologen des renommierten „International Institute of Viking Research“ (IIVR) in Kopenhagen als Sensation bezeichnen.

Denn was die dänischen Wissenschaftler wenige Tage nach dem Anruf von Jens Koth an der Niendorfer Straße in Augenschein nahmen, liefert den letzten Beweis für ihre These, dass die Wikinger im 9. Jahrhundert nicht nur bis nach Haithabu vorgestoßen sind, sondern sogar im heutigen Norderstedt siedelten.

Das bemerkenswerte Fundstück ist ein von Hand bearbeiteter Stein, der dem Seefahrervolk offenbar nützliche Dienste im Haushalt und bei der Arbeit leistete: „Auf der einen Seite, dies zeigen feinste organische Anhaftungen, wurden dünne, mit Honig und Harz bestrichene Tierhäute auf einen abgesägten Röhrenknochen gewickelt. Auf der anderen Seite ließen sich die klebrigen Streifen dann über eine scharfe Kante, bestehend aus kleinen Nagetierzähnen, abreißen“, rekonstruiert Anthropologe Halvar Pedersen das prähistorische Gerät. Mit den frühzeitlichen Klebestreifen haben die Wikinger vermutlich ihre Segel geflickt.

Rätsel gibt den Wissenschaftlern indes noch der Schriftzug auf, der am Boden des Steines eingraviert ist: „Die beiden in altnordischen Runen geschriebenen Wörter ‚Rǿllo Klæber‘ und die Zahl ‚811‘ könnten darauf hinweisen, dass sich der Erfinder des Gerätes hier verewigt hat“, erklärt Skandinavist Anders Magnussen. „,Rǿllo‘ war damals ein geläufiger Wikingername. Der monophtongierte altostnordische Begriff ‚Klæber‘ – nicht zu verwechseln mit dem altwestnordischen ‚Klåber‘ – wäre dann als Berufsbezeichnung ‚Klebemeister‘ zu deuten.“ Dieses Handwerk genoss über Jahrhunderte hinweg einen hohen Stellenwert. So wurden beispielsweise auch Leimruten zum Vogelfang eingesetzt.

Die Ausgrabung ist insofern von herausragendem wissenschaftlichen Interesse, als dass sie zeigt, wie die wichtigsten Handelswege bis ins 13. Jahrhundert verlaufen sind. Wahrscheinlich reisten die Nordmänner per Segelschiff aus Skandinavien und zogen dann über Land auf den Wegen der heutigen Bundesautobahn 7 Richtung Quickborn.