Reporterin sagt den Schülern, wie sie betonen sollen. NDR-Team produziert einen Hörspiel-Krimi mit Kindern der Grundschule Pellwormstraße

Norderstedt. „Los ihr Zecken, packt Eure Sachen zusammen – und dann nichts wie weg hier!“, sagt José. „Das war schon ganz gut, aber du bist der Chef und gibst einen Befehl, du kannst ruhig lauter und kräftiger sprechen.“ Jantje Fischhold korrigiert und motiviert, hält dem Schüler das Mikrofon wieder vors Gesicht und ist mit dem zweiten Versuch zufrieden – der NDR ist zu Gast in der Grundschule Pellwormstraße. Jantje Fischhold und ihre Kollegin Christine Dreyer produzieren mit den Kindern der Norderstedter Schule ein Hörspiel. „Die Sache mit dem Radio“ heißt der Kurzkrimi, den Jörgpeter von Clarenau, Leiter der Mikado-Redaktion, geschrieben hat. Bei seinem Sieben-Minuten-Stück hat sich der Autor auf die bei Kindern äußerst beliebte Buchreihe „Gespensterjäger“ von Cornelia Funke gestützt.

Für die Schüler und Lehrer der Klasse 4a ist der Ausflug ins Kulturleben eine gern genommene Abwechslung vom Unterricht. Einen ganzen Vormittag sind die 16 Jungen und Mädchen damit beschäftigt, ihre Rollen zu sprechen, Geräuschkulissen zu produzieren und Producerin Christine Dreyer über die Schulter zu sehen, wenn sie am Notebook die einzelnen Szenen zusammenschneidet.

„Das trainiert das freie Sprechen und das Zuhören“, sagt Gesa Menzzer, Klassenlehrerin und Schulleiterin. Eine Mutter hatte mitbekommen, dass der NDR in die Schulen kommt und mit den Kindern Hörspiele aufnimmt. Die Klasse hat sich beworben und eine Zusage bekommen. Das war nicht selbstverständlich, mehr als 430 Schulen im Norden wollten das Angebot der Mikado-Macher nutzen (s. Info-Kasten).

Doch als die Zusage da war, haben sich Schüler und Klassenlehrerin akribisch auf den großen Tag vorbereitet. Sie haben die Originalvorlage gelesen, die Rollen für die Radio-Kurzfassung verteilt. „Das gab glücklicherweise keine Probleme, weil wir weniger Kinder in der Klasse haben als Rollen im Stück“, sagt Gesa Menzzer. Einige Kinder sprechen gleich mehrere Rollen in der Geschichte, die dem Prinzip der klassischen Kinderkrimis wie bei den „drei Fragezeichen“ folgt. Bei einer Geburtstagsparty im Schwimmbad wird ein Radio gestohlen – ein neuer Fall für „Tiger 4“. Unter diesem Pseudonym ermitteln die jungen Detektive in der Grundschule Pellwormstraße.

Und nun heißt es „Achtung Aufnahme“. Dabei geht es aber nicht nur um die Texte, sondern auch um die richtige Atmosphäre, die „Atmo“ wie Kinderradio-Reporterin Jantje Fischhold sagt. Daher geht sie mit einer Gruppe in die Pausenhalle, da hallt es so schön, ähnlich wie in einer Werkstatt, einem der Spielorte im Hörspiel. Ausdruck und Stimmfarbe werden trainiert. Mal forsch wie „Werkstattchef“ José, mal zaghaft-stotternd wie der Junge, der ins Mikro lügen muss oder übertrieben freundlich wie der Gauner, der sich natürlich überhaupt nicht freut, auf den Polizisten zu treffen.

Meist ist Jantje nicht gleich zufrieden. Doch spätestens nach drei weiteren Sprechproben setzen die Jungen und Mädchen die Tipps um, stimmen Nachdruck, Zögerlichkeit oder Scheinheiligkeit. „Das macht viel Spaß“, sagt Lisa-Marie, die, wie passend, sich nicht umstellen muss, weil sie im Hörspiel die Detektivin namens Lisa spricht. Sie kann sich vorstellen, Schauspielerin zu werden, steht schon jetzt beim Norderstedter Theater Pur auf der Bühne. Auch Jonas gefällt der Vormittag: „Das ist mal was anderes als der normale Unterricht, und ich finde es toll, dass man sich in andere Rollen hineinversetzen kann.“

Nach konzentrierter Arbeit vor dem Mikrofon folgt freies Toben, auch das Team des NDR weiß, was Kinder brauchen und hat den Produktionstag entsprechend aufgeteilt, denn: Die Tobephase gehört zum Hörspiel. Die Viertklässler rennen auf den Schulhof, springen vom Rand in den Sand, klettern wieder hoch und begleiten die Aktionen mit Gejohle. Was ihnen sowieso Spaß macht und als Ausgleich nach der körperlichen Ruhe nötig ist, schafft „Atmo“. In diesem Fall soll die Klasse die Geräuschkulisse in einem Schwimmbad simulieren. Jantje steht oben, hält ihr Mikrofon hoch und versucht, so viel wie möglich vom Lärm einzufangen.

Mittags hat das NDR-Team alles im Kasten. Die Aufnahmen werden nun auf eine CD gepresst, die der Sender an die Schule schickt. „Bei einer solchen Fülle von Schulen, die mitmachen, ist es ja klar, dass nicht alle Produktionen ausgestrahlt werden können, vor allem nicht, wenn es sich immer um die gleiche Geschichte handelt“, sagt Gesa Menzzer. Ihr und den Kindern hat der Tag vor dem Mikrofon und im improvisierten Tonstudio jedenfalls gefallen.