Prozess vor dem Schöffengericht in Norderstedt endet mit Freispruch für den Angeklagten EnricoZ.

Norderstedt/Kaltenkirchen. „Ich bin unschuldig. Man will mir etwas anhängen“, sagt der Angeklagte EnricoZ., 30, aus Kaltenkirchen vor dem Schöffengericht in Norderstedt nach Verlesung der Anklage. Vorgeworfen wird dem zurzeit Arbeitssuchenden, in einer Februar-Nacht 2013 auf dem Parkplatz des von ihm bewohnten Hochhauses am Flottmoorring in Kaltenkirchen versucht zu haben, einen VW-Transporter anzuzünden.

Der Täter legte ein brennendes Papiertütchen im Bereich des hinten linken Fahrzeugreifens ab. Das Feuer erlosch jedoch von selbst – ohne große Spuren zu hinterlassen.

Ein Mitbewohner des Hochhauses, der damals mit dem Angeklagten zusammen im Fitnessstudio trainierte, hatte EnricoZ. angezeigt. Er war nachts mit dem Fahrrad auf den Parkplatz gekommen und gab gegenüber der Polizei zu Protokoll, den Angeklagten beim Zündeln beobachtet zu haben. Angeblich hatte er ihn genau erkannt. Dieser Hauptbelastungszeuge erschien aber nicht zum Gerichtstermin. Richterin Wiebke Dettmers versucht vergeblich, den Zeugen von der Polizei ausfindig zu machen und vorzuführen.

Die Lebensgefährtin des Angeklagten entlastet ihren Freund. Sie sei sich sicher, die ganze Nacht ohne Unterbrechung mit dem Angeklagten zusammen gewesen zu sein, so KatharinaW., 27. Auf dem Parkplatz vor dem Haus sei es wegen der permanent defekten Lampen zu dunkel gewesen, um jemanden erkennen zu können, meint die Frau. Diese Ansicht teilen die beiden Polizisten, die damals in dem Fall ermittelt haben.

KatharinaW. bezeichnete die Gegend in Kaltenkirchen und speziell dieses Hochhaus, das „Großer Karl“ genannt wird, als sozialen Brennpunkt. Ständig würden dort Autos zerstört oder Feuer gelegt.

Richterin Dettmers hat bei der Prozessvorbereitung festgestellt, dass allein in der Zeit von November 2012 bis Juni 2013 etwa zehn Brände in dem Hochhaus oder dessen Umgebung amtlich bekannt wurden. Immer wieder brannten Müllcontainer vor dem Haus oder in benachbarten Straßen, einmal brannte der Müllschacht im Haus. Einmal ging ein Auto vor dem Haus in Flammen auf.

Einer der traurigen Höhepunkte dieser Brandserien war der Brand des in der Nähe befindlichen Rewe-Marktes. In allen Fällen benutzten die inzwischen gefassten und zu Jugendstrafen verurteilten Täter Brandbeschleuniger.

Der hier vorliegende Fall hat damit wenig Ähnlichkeit, denn der Täter benutzte keinen Brandbeschleuniger, das Feuer erlosch, ohne wirklich Schaden anzurichten.

Die Norderstedter Richterin äußert deshalb Zweifel an einem Brandstiftungsvorsatz. Einigkeit besteht letztlich auch darin, dass insgesamt zu viele Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten bestehen. Wie von Staatsanwaltschaft und Verteidigung beantragt, wird der Angeklagte dann auch freigesprochen.