... seit wenigen Tagen benutzt Bürgermeister Hans Jochen Hasselmann aus Föhrden-Barl ein Tablet für die tägliche Arbeit

Der Tee steht bereit, der selbst geerntete Honig auch. Daneben liegen Papiere und Stempel, die ein ehrenamtlicher Bürgermeister für seine Arbeit braucht. „Ein kleines Museum“, sagt Hans Jochen Hasselmann über sein Haus. Alte Landkarten hängen neben Geweihen an der Wand. Draußen ragen die Bäume in den Himmel. Der Wald, die Jagd und „sein“ Dorf Föhrden-Barl – das ist die Welt von Hasselmann, der allein ein paar 100 Meter vom Ortsrand entfernt wohnt. Seit wenigen Tagen gehört ein weiteres Utensil zu seinem Alltag: Auf dem Holztisch des 68-Jährigen steht ein schick gestalteter Tablet-PC. Damit soll Hasselmann künftig „bürgermeistern“.

„Eine tolle Sache“, sagt Hasselmann. Einen Computer hat er bereits im Arbeitszimmer stehen, ein Tablet ohne Tastatur, aber mit Touchscreen ist ein Novum. Auch die anderen 13 Bürgermeister sowie die Gemeindevertreter des Amtes Bad Bramstedt-Land erledigen künftig ihren ehrenamtlichen Job ohne Akten und Schnellhefter, sondern im weltweiten Netz. Die papierlose Verwaltung – das ist das Ziel der hauptamtlichen Verwaltung in Bad Bramstedt und der Dorf-Bürgermeister, die sich fast einstimmig für das Projekt entschieden haben. Große Orte wie Norderstedt arbeiten immer noch daran, sich auf die neuen Zeiten einzustellen. Die kleinen Dörfer rund um Bad Bramstedt legen los.

Schon seit Jahren stellen viele Kommunen Unterlagen für die Kommunalpolitik digitalisiert ins Netz. Doch zu den Sitzung der Gemeindevertretungen und der Ausschüsse kommt jeder mit einem Packen Akten und dem Arm angereist. Im Amt Bad Bramstedt-Land bringen Gemeindevertreter, Bürgermeister und Verwaltungsbeamte künftig nur ihr Tablet mit zur Sitzung. Zur Sicherheit läuft noch der Paralellbetrieb mit Papier, doch damit ist in wenigen Monaten Schluss.

Joachim Polzin, EDV-Spezialist in der Amtsverwaltung, ärgert sich schon lange darüber, welche Mengen Papier entstehen, wenn Politik auf Verwaltung trifft. „Das wollten wir in den Griff bekommen“, sagt er und beginnt zu rechnen. Jeder der 240 Kommunalpolitiker erhält pro Sitzung eine Einladung mit der Tagesordnung und allen Beschlussvorlagen. Hinzu kommen Protokolle und einmal pro Jahr der Haushalt. In jeder Wahlperiode gibt das Amt pro Kopf 200 Euro für Papier aus. Außerdem müssen die Unterlagen kopiert, zusammengestellt, gelocht, eingetütet, adressiert und zur Post gebracht werden. Zum Vergleich: Das Tablet kostet nur 162 Euro - inklusive Schutzhülle.

„Das rechnet sich“, sagt Polzin, der in diesen Wochen die Gemeindevertreter und Bürgermeister schult. „Viele sind sehr froh darüber“, sagt er. „Die wussten schon nicht mehr wohin mit dem vielen Papier.“ Die Einweisungen beginnen damit, dass die Benutzer selbstständig ihr Passwort ändern müssen. Das Tablet sei intuitiv bedienbar. „Das funktioniert“, sagt Polzin.

Ein weiterer Vorteil: Wer ein Tablet von der Amtsverwaltung gestellt bekommt, darf es auch privat nutzen. Im Gegenzug muss jeder Nutzer sicherstellen, dass in seinem Haus ein WLAN-Anschluss funktioniert. Außerdem verpflichtet er sich, täglich seine Mails zu überprüfen. „Jeder guckt ja auch in seinen Briefkasten“, sagt Polzin.

„Ich komme ganz gut damit klar“, sagt Hans Jochen Hasselmann und schaltet das Tablet ein. So ganz funktioniert das System jedoch nicht; das WLAN wurde noch nicht installiert. Der Bürgermeister des 300-Einwohner-Dorfs legt Wert darauf, dass nicht erst mit dem Tablet eine neue Welt in sein Haus gekommen ist. „Mit meinem PC arbeite ich schon lange – nicht wie ein Profi, aber ich scheue mich nicht, viel auszuprobieren.“ Groß ist der Ärger allerdings, wenn nach zwei Stunden der Rechner nicht die Arbeit erledigt, die sich Hasselmann vorgestellt hat. „Dann gucke ich das Ding drei Tage nicht mehr an“, sagt der Bürgermeister. Computer-Freaks nennt er manche Gemeindevertreter, die lieber eine Mail schreiben als zum Telefon zu greifen. Doch auch der 68-Jährige spürt, dass er sich ohne Netz und digitale Daten schnell vom Geschehen in Föhrden-Barl und dem Rest der Welt abhängt. Hasselmann tippt eine App an, und schon öffnen sich auf dem Tablet die Tagesordnungen und Sitzungsvorlagen der nächsten Gemeindevertretersitzungen. Eine absolut nützliche Sache, sagt Hasselmann. Man sollte stets mit der modernen Technik mithalten. Auf dem Regal gegenüber liegen die Aktenordner mit den Unterlagen aus der Kommunalpolitik. Bald wird er sie nicht mehr brauchen. Demnächst läuft sein WLAN. Und zur nächsten Wahl will er nicht mehr antreten. „Dann sollen die Jüngeren ran“, sagt er.

Computer wird er auch nach dem Ende seiner Amtszeit nutzen. Hasselmann interessiert sich für Geschichte und hat gerade eine Dorfchronik mit vielen Bildern veröffentlicht. Entstanden ist das Heft am heimischen PC.