Spezialisten des Zolls kontrollieren Beschäftigte in Norderstedter Restaurants und Kneipen. 14 Prüfer im Einsatz

Norderstedt. Mama steht in der Küche und spült das Geschirr. Erst vor einer Woche sei sie aus Sizilien nach Norderstedt gekommen, erzählt ihr Sohn lächelnd und gestenreich. Nein, sie arbeite hier nicht. Mama sei Touristin. Das Problem: Die Prüfer des Zolls haben die kleine Frau in der Küche eines Restaurants entdeckt, das ihrer großen Familie gehört. Ob sie tatsächlich rein zufällig dort zu Tellern und Töpfen gegriffen hat, als die Zöllner kamen, oder ob sie doch zu den Beschäftigten des Lokals gehört und schwarzgearbeitet hat, werden die Beamten klären.

Einen Abend haben 14 Kontrolleure des Hauptzollamts Itzehoe in Norderstedt diverse Lokale überprüft und nach Schwarzarbeitern gesucht. Die Überprüfungen gehören zu einer zweitägigen bundesweiten Aktion des Zolls in der Gastronomie. Die Prüfer suchten nach Beschäftigten, die Lohn und Hartz IV kassieren, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlen oder nur Hungerlöhne bekommen. Einsatzleiter Silvio Vogt spricht von „Küchensklaven“, die ein bis zwei Euro pro Stunde verdienen.

Jeder muss zu Vogt an den Tisch kommen und den Ausweis vorzeigen

Die Kolonne mit den Fahrzeugen, die stundenlang im Norderstedter Stadtgebiet fahren, dürfte den meisten Bewohnern kaum aufgefallen sein. Der Zoll ist mit zivilen Fahrzeugen unterwegs, die Männer und Frauen tragen keine Uniformen. Ihre Waffen haben sie unter Jacken verborgen, alle tragen Westen zum Schutz gegen Schusswaffen und Messer.

Vor einer Kontrolle steht die „zielorientierte Risikoanalyse“, sagt Vogt. „Wir müssen wissen was, uns erwartet.“ Bei einer Kontrolle macht es einen Unterschied, ob die Prüfer unangemeldet einen harmlosen Familienbetrieb unter die Lupe nehmen oder ein Lokal mit einem gewalttätigen Wirt, der stets eine Baseballkeule unterm Tresen versteckt.

Die Kolonne stoppt kurz vor einem italienischen Restaurant. Die Zöllner kennen den Betrieb. Zwei Beamte stellen sich vor den Hinterausgang, der in die Küche führt. Die anderen nehmen den Haupteingang. Küchen gelten als die gefährlichsten Räume – wegen der Messer. Bis klar ist, dass der Koch und seine Helfer friedliche Menschen sind, halten die Prüfer am Hintereingang für alle Fälle die Hand in Höhe der Schusswaffe.

Mama steht in der Küche und spült. Der Sohn und ein Kollege servieren. Der Chef steht hinterm Tresen. Jeder muss zu Vogt an den Tisch kommen, den Ausweis vorzeigen, Fragen nach seinem Gehalt beantworten und einen Fragebogen ausfüllen. Ob die Sozialversicherungen und die Steuern tatsächlich bezahlt werden, steht meistens erst Tage später nach einem Datenabgleich fest. Der Zoll hat Zugriff auf sämtliche Datenbanken. Hier scheint alles in Ordnung zu sein – bis auf die Geschichte mit Mama. Ob ihre Angaben stimmen, steht demnächst fest.

„Wir kontrollieren alles – vom Imbiss bis zum Szene-Restaurant“

Die Kolonne startet und steuert das nächste Lokal an. Noch vor wenigen Jahren stießen die Prüfer immer wieder auf illegal Beschäftigte ohne Arbeitserlaubnis. „Das hat deutlich nachgelassen“, sagt Zollpressesprecher Thomas Gartsch. Inzwischen kommen die meisten Ausländer, die in der Gastronomie arbeiten, aus Ländern der EU.

„Wir kontrollieren alles“, sagt der Zollsprecher. „Vom Döner-Imbiss bis zum schicken Szene-Restaurant.“ Noch arbeitet die Branche ohne Mindestlohn, doch das wird sich ändern und damit werden auch die Aufgaben des Zolls bei der Überwachung wachsen. Derzeit zahlt die Branche einen Stundenlohn zwischen fünf und zehn Euro.

Eine beliebte Kneipe ist die nächste Station. Wieder das gleiche Szenario: Zollbeamte stehen vor allen Eingängen, ein Trupp geht rein. Auf den Tischen stehen Bier, Wein und Pizza. Die Gäste blicken überrascht auf, der Wirt reagiert nervös. „Der Betrieb soll so wenig wie möglich gestört werden“, sagt Gartsch. Man bemühe sich, geräuschlos zu arbeiten. Zwei seiner Kollegen überprüfen das Küchenpersonal, dann sind die Kellner dran. Ein Beamter steht am Tresen und schaut sich um – falls doch noch jemand türmen will.

Ausreden von Schwarzarbeitern kennen Vogt und seine Leute reichlich

„Das kommt vor“, sagt Einsatzleiter Vogt. Am Abend zuvor hat sein Team in Halstenbek (Kreis Pinneberg) einen Küchenangestellten aus Afrika überprüft, der per Haftbefehl gesucht wurde. Der Mann sitzt jetzt im Gefängnis. Die Zollbeamten haben am selben Abend zwei weitere Männer festgenommen, die sich illegal in der Bundesrepublik aufhielten.

Bei einem Haftbefehl scheitert jeder Versuch, sich herauszureden. Ausreden von Schwarzarbeitern kennen Vogt und seine Leute dagegen reichlich. Der Klassiker: „Ich habe Hunger und mache mir was zu essen.“ Dabei steht der Küchenhelfer vor fünf Tellern und belegt Pizzen. Beliebt ist auch der Spruch: „Ich besuche meinen Cousin.“ Manchmal sagen die Wirte auch: „Wenn Sie etwas suchen, gehen Sie in eine andere Kneipe!“ Das machen die Zöllner meistens auch – nach der Kontrolle.

Die Ergebnisse der bundesweiten Aktion sollen in den kommenden Tagen vorliegen.