Wie Behinderte in ihrer Freizeit besser integriert werden können, wird auf einer Teilhabe-Konferenz in Norderstedt diskutiert

Norderstedt. Mittendrin, statt nur dabei – die Maxime der Spaßgesellschaft. Schwer körperlich oder psychisch behinderte Menschen hingegen wären schon froh, wenn sie einfach nur dabei sein dürften. Doch – wie in vielen anderen Lebensbereichen – empfinden sich Behinderte auch in ihrer Freizeit als randständig. „Das liegt daran, dass sie oft gar nicht wissen, welche Möglichkeiten sie in einer Stadt haben. Und an den diffusen Ängsten im Umgang mit Behinderten in den Sport-, Kultur- und Ehrenamts-Vereinen“, sagt Anke Czub.

Sie ist Hilfeplanerin des Kreises Segeberg. Ihr Auftrag ist es, Behinderte und Nicht-Behinderte zusammenzubringen, quasi die Barrieren an den Türen und in den Köpfen der Menschen abzubauen. Inklusion ist das Schlagwort. Sie kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten miteinander reden und Vorurteile abbauen. Deswegen hat Czub im Auftrag des Kreises eine Konferenz im Norderstedter Rathaus angesetzt. Am Sonnabend, 29. März, soll sich hier zwischen 10 und 16 Uhr alles um die Freizeitmöglichkeiten von Behinderten in Norderstedt drehen.

„Im Sport, in der Kultur oder im Ehrenamt lassen sich Behinderte gut integrieren“, sagt Czub. Doch in der Realität scheitert das an der Unsicherheit der Verantwortlichen. Sie sind den Umgang mit körperlich oder psychisch eingeschränkten Menschen nicht gewohnt. Czub: „Da sind viele Fragen offen: Brauchen die spezielle Behandlungen? Verstehen die meine Anweisungen überhaupt? Wie sieht es mit dem Verletzungsrisiko aus und wie ist das versicherungstechnisch?“ Auf die meisten dieser Fragen gibt es klare Antworten. Vielen Behinderten wird etwa zur Eingliederung ein Betreuer gestellt. Trotzdem kommt es nur selten dazu.

Diese Teilhabebeschränkungen führen bei vielen Behinderten zur Isolation. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seinem Teilhabebericht 2013. Menschen mit Beeinträchtigungen verbringen ihre freie Zeit häufiger allein als Menschen ohne Beeinträchtigungen. Je höher der Grad der Behinderung ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das Menschen ob gewollt oder ungewollt ihre Freizeit allein verbringen. 19 Prozent der Menschen mit einem anerkannten Grad der Behinderung von über 90 Prozent verbringen ihre Freizeit allein.

Dabei gehen Menschen mit einer anerkannten Behinderung ähnlich häufig künstlerischen oder musischen Tätigkeiten nach, wie alle anderen Menschen. Trotzdem besuchen sie deutlich seltener kulturelle Veranstaltungen, 58Prozent der vom Bundesministerium befragten 18- bis 29-jährigen Behinderten gaben sogar an, dies nie zu tun. Bei Menschen ohne Behinderung liegt diese Quote bei 29 Prozent.

Im Sport hingegen gibt es einen positiven Trend. Durch die Erweiterung des sportlichen Angebots hat sich die Mitgliederzahl des Deutschen Behindertensportbundes in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht: von 207.013 im Jahr 1991 auf 618.621 im Jahr 2011.

Bei der Teilhabe-Konferenz in Norderstedt wird die Sportlehrerin Maike Rotermund von den Norderstedter Werkstätten ein Impulsreferat halten. „Danach wollen wir in vier Workshops zu den Themen Sport, Ehrenamt, Kultur und Netzwelt die inklusive Zukunft Norderstedts besprechen und gestalten“, sagt Anke Czub. Menschen mit und ohne Behinderung sollen ihre Ideen und Pläne einbringen, sie sollen sich austauschen, kennenlernen und damit beginnen, ein Netzwerk zu bilden.

Ein wichtiger Teil des Tages wird die Vereinsmeile, der „Markt der Möglichkeiten“ sein. „Wir laden alle Vereine, Gruppen und Institutionen aus Norderstedt und Umgebung ein, ihr Angebot im Rathaus zu präsentieren und mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen“, sagt Anke Czub. Bereits angemeldet hätten sich der Sportverein Friedrichsgabe, der Integrative Sportverein Norderstedt, die Volkshochschule, die Theatergruppe der Lebenshilfe, die Begegnungsstätte ATP, der Norderstedter SV, das Trialogische Seminar und der Norderstedter Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte.

Wer Lust hat, sich an der Vereins-Meile zu beteiligen, kann sich noch bis zum 21. März bei Anke Czub melden. „Grundsätzlich jeder Verein ist eingeladen, mitzumachen – je mehr, desto besser.“

Anke Czub von der Eingliederungshilfe des Kreises ist unter Telefon 04551/951 278 und der E-Mail teilhabekonferenz@kreis-segerberg.de zu erreichen.