Der Kriminalpräventive Rat Norderstedt legt seinen Jahresbericht 2013 vor

Norderstedt. Für eine Stadt mit über 75.000 Einwohnern in der Metropolregion Hamburg ist das Fazit des Revierleiters der Norderstedter Polizei zur Entwicklung der Jugendkriminalität in Norderstedt 2013 erstaunlich: „Wir haben kein signifikantes Problem mit straffälligen Jugendlichen in der Stadt, die Entwicklung ist absolut nicht besorgniserregend“, sagt Polizeirat Jochen Drews.

Es trage jetzt Früchte, was vor 18 Jahren gesät wurde. 1996 vernetzten sich die Vertreter der Polizei, der Jugendgerichte, des Jugendamtes und der Jugendsozialarbeit in der Arbeitsgruppe Jugend des Kriminalpräventiven Rates, dem ersten seiner Art in Schleswig-Holstein.

Seither werden Kinder und Jugendliche in Projekten aufgefangen, wenn sie drohen, auf die schiefe Bahn zu geraten. Und Jugendliche, die bereits auf ihr sind, erfahren nach ihrer Straftat unmittelbare Konsequenzen durch beschleunigte Gerichtsverfahren. Nach einem Urteil werden auch sie nicht allein gelassen, sondern bekommen in Projekten des Rates Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir merken das ganz stark in unserer Ermittlungsarbeit“, sagt Hans-Jürgen Mader, Erster Kriminalhauptkommissar der Kripo Norderstedt. „Gestern ist die Tat passiert, übermorgen steht der Täter vor Gericht. Das hat sich bei Mittätern und Mitwissern herum gesprochen.“

Wolfgang Banse, pensionierter Polizeibeamter und Dreh- und Angelpunkt der Jugendprojekte des Rates, zog am Dienstag gemeinsam mit den Akteuren des Gremiums eine Jahresbilanz. Das wichtigste Projekt des Rates, das verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 15 Jahren auffängt, ist „Plan haben“. Ehrenamtliche Paten treffen sich mindestens einmal die Woche mit einem Jugendlichen, führen Gespräche, machen Ausflüge und gestalten die Freizeit sinnvoll. „Sie sorgen dafür, dass bei den Jugendlichen das Selbstbewusstsein wächst, das Gefühl, du kannst was“, sagt Banse. 14 dieser Patenschaften laufen derzeit, insgesamt 22 Freiwillige stehen als Paten bereit. Der Erfolg des mehrfach preisgekrönten Projektes, das in vielen anderen Städten kopiert wird, gerät für Norderstedt aber langsam zum Fluch. „Wir bekommen immer mehr Kinder gemeldet, die Administration wird immer aufwendiger. Ehrenamtlich ist das kaum mehr zu leisten“, sagt Banse. Von den 1750 Euro im Jahr von der Stadt und zusätzlichen Spenden sei eine feste Stelle aber nicht zu finanzieren. Banse wünscht sich mehr Unterstützung von der Stadt oder von privaten Geldgebern. „Mit unseren jetzigen Mitteln kommen wir vielleicht noch eineinhalb Jahre zurecht.“

Ältere Jugendliche, zwischen 17 und 22 Jahren, versucht das Projekt „Mach was“ auf einen gerade Weg zu bekommen. In Kooperation mit den Sozialarbeitern des „Lichtblick“ laufen derzeit zwei Patenschaften. „Pate und Jugendlicher machen eine To-Do-Liste und arbeiten die ab, bis das Leben des Jugendlichen geordnet ist“, sagt Banse.

Klaus Struckmann, Leiter des Norderstedter Jugendamtes, ist voll des Lobes über die Arbeit des Rates. „Wir profitieren unsäglich von dieser wie selbstverständlichen Zusammenarbeit der Institutionen.“ Die Projekte hätten über die vergangenen Jahre an die 90 Jugendliche erreicht. „Und wenn nur zwei bis vier pro Jahr davon abgehalten wurden, kriminell zu werden, dann ist das mit Geld kaum aufzuwiegen.“ Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote ist sich sicher, dass in Norderstedt kein Kind aufgegeben wird, wenn es Hilfe akzeptiert. „Wir reichen Jugendlichen auf allen Altersstufen die Hand, um zu helfen. Selbst, wenn sie kurz vor dem Einfahren in den Knast sind.“

Kriminalprävention beschränkt sich im Rat nicht nur auf die Jugendlichen. Reinhard Korehnke betreut seit zwölf Jahren die Aufklärungsarbeit unter den Senioren der Stadt. Laut Polizei würden diese in Norderstedt nur sehr selten zu Opfern von Kriminellen. Doch die gefühlte Unsicherheit bei den älteren Bürgern sei groß. „Obwohl ihn doch jeder kennen müsste – aber der Enkeltrick klappt trotzdem immer wieder“, sagt Korehnke. Seine „Gebetsmühle“ sei es, laufend bei Senioren-Veranstaltungen vor den Tricks der Betrüger zu warnen. Außerdem berät er bei der Sicherung des Eigentums, dem Schutz vor Einbrüchen und dem Verhalten auf der Straße und an der Tür. Korehnke: „Das Interesse an der Prävention ist gering, weil die Senioren denken, dass ihnen so was nie passieren wird. Dann passiert es und vor lauter Scham zeigen sie es noch nicht mal an.“