Trifft die Stadtwerke Schuld am massiven Heizungsausfall? Bürger und Werkleitung diskutieren über Schadenersatz

Norderstedt. Wer haftet für den Schaden? Werden die Stadtwerke die Kosten für die Reparatur der Heizanlagen in voller Höhe übernehmen? Und wie wollen die Werke verhindern, dass starker Frost den Heizbetrieb erneut zum Erliegen bringt? Das waren die zentralen Fragen der knapp 70 Norderstedter, die zur Sitzung des Stadtwerkeausschusses gekommen waren. Das Interesse ist groß, es geht um Geld, Sicherheit und Verantwortlichkeit. Die FDP hatte Fragen und Kritik der Betroffenen gesammelt und das Thema auf die Tagesordnung gebracht.

Vom 24. bis 26. Januar saßen mehrere Hundert Norderstedter im Kalten, und das bei minus zwölf Grad. Ein Filter an der Gasregelstation Rüsternweg war zerrissen, dadurch bahnte sich Erdgas mit einem erhöhten Staubanteil seinen Weg in die Heizanlagen und setzte sie außer Betrieb. „Das ist eine wahrscheinliche Ursache für den Großteil der Störungen, die uns gemeldet wurden“, sagte Axel Gengelbach, technischer Leiter der Stadtwerke, der gemeinsam mit seinem Kollegen Jens Seedorff Ausschuss und Bürger ausführlich über die technischen und juristischen Aspekte des massiven Heizungsausfalls informierte.

Merkwürdig: 19 Betroffene wohnen gar nicht im Bereich des defekten Filters

127 der 146 Betroffenen, die ihre Schadensfälle bisher beim örtlichen Versorger gemeldet haben, wohnen im Versorgunsgbereich des defekten Filters. Hinzu kommen 19 Bürger aus dem gesamten Stadtgebiet, bei denen die Heizung zeitgleich ausgefallen war. Dafür gibt es, so Gengelbach, bisher keine Erklärung.

Dass das gesamte Gasnetz betroffen war, könne ein Indiz sein, dass der defekte Filter doch nicht oder nicht ausschließlich für den Ausfall der Heizanlagen verantwortlich gewesen sei. Die Aussagen mehrerer Bürger stützten eine solche Annahme: „Seit 2009 ist unsere Anlage mehrfach durch zu viel Staub im Gas ausgefallen, wir mussten schon zehnmal die entsprechende Armatur wechseln“, sagte Dr. Reinhard Zahn. Da stelle sich doch die Frage, ob die Stadtwerke alles getan haben, damit sauberes Gas in den Haushalten ankommt. Sollten sie ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sein, müssten sie für die Schäden haften. „Seitdem das Blockheizkraftwerk am Buchenweg in Betrieb ist, ist es verstärkt zu Gasverunreinigungen und Schäden an Heizanlagen gekommen“, sagte Willi Fischer. Beide sprachen einen entscheidenden Aspekt an: Hätten die Stadtwerke vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, müssten sie nach der Niederdruckanschlussverordnung (Paragraf 18) für Schäden haften.

Stadtwerke wollen der Ursache für die Störung auf die Spur kommen

Das wies Gengelbach entschieden zurück: „Wir haben die Filteranlagen entsprechend der anerkannten Regeln der Technik dimensioniert, errichtet und gewartet. Und nach eigener kritischer Prüfung müssen wir sagen: Ein Verschulden liegt nicht vor.“ Daher greife die Niederdruckanschlussverordnung nicht.

Das sah Ausschussmitglied Arne Lunding (Grüne) anders, er zitierte Punkt zwei des Paragrafen: Bei weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verursachten Sachschäden ist die Haftung des Netzbetreibers gegenüber seinen Anschlussnutzern auf jeweils 5000 Euro begrenzt. „Dazu kann ich jetzt nichts sagen, da müssen wir eine Stellungnahme nachreichen“, sagte Werkleiter Jens Seedorff, der auf das Produkthaftungsgesetz verwies. Danach würden die Stadtwerke haften, allerdings sieht der Gesetzgeber eine Selbstbeteiligung der Betroffenen von 500 Euro vor – viele müssten die Kosten für den Austausch der mit Staub zugesetzten Gasarmatur somit komplett selbst tragen.

Die Stadtwerke wollten ihren Versicherer dazu bringen, nicht nur die Reparaturkosten nach dem Produkthaftungsgesetz zu übernehmen, sondern auch die Unannehmlichkeiten, die mit einem Heizungsausfall verbunden sind, finanziell auszugleichen. Doch das habe der Versicherer abgelehnt. „Möglicherweise kann man ja auch den Hersteller des Filters in Regress nehmen“, sagte Gabriele Heyer (FDP). Während der fast zweistündigen Diskussion zeichnete sich ab, dass Betroffene möglicherweise vor Gericht ziehen, und da seien die Stadtwerke in der Beweispflicht, sie müssten belegen, dass sie nicht schuldhaft gehandelt hätten.

„Wir wollen der Ursache für die Störungen des Heizbetriebs in der Stadt auf jeden Fall auf die Spur kommen“, versprach Gengelbach, der bisher vor einem Rätsel steht. Im Vorjahr hatten die Werke vier defekte Armaturen von einem unabhängigen Institut überprüfen lassen – ohne Ergebnis, die Geräte hätten einwandfrei funktioniert. Nun soll eine größere Stichprobe Aufschluss geben, 40 Armaturen hätten die Betroffenen abgegeben, 20 würden zurzeit untersucht. Er habe sich auch bei anderen Netzbetreibern und Stadtwerken im Norden informiert, derart massive Störungen seien aber nirgends aufgetreten. Im Sommer, wenn nicht geheizt wird, wollen die Mitarbeiter Leitungen und Hausanschlüsse überprüfen. „Es ist auch nicht auszuschließen, dass einzelne Heizanlagen sensibel auf Staubpartikel reagieren“, sagte der Werkleiter.

In den nächsten Wochen sollen weitere Erkenntnisse vorliegen. Darüber wollen die Stadtwerke die Bürger am Donnerstag, 3. April, ab 18.30 Uhr in ihrem Service-Center informieren.