„Der gute Mensch von Sezuan“ begeistert das Publikum im Norderstedter Kulturwerk

Norderstedt. Wenn Schauspieler, die Shakespeare lieben, Brecht spielen, wie geht das denn? Das Tournee-Theater Shakespeare und Partner stellte eine überraschende Umsetzung der Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht auf die Bühne des Norderstedter Kulturwerks. Das Publikum, darunter viele Jugendliche, ließ sich von dem mit schnellen Wendungen und skurrilen Regie-Einfällen gespickten, fast dreistündigen Stück mitreißen.

Regisseur Markus Weckesser verordnete dem intellektuellen Brecht-Duktus die Shakespearsche Spielleidenschaft. Diese Mixtur setzen die Schauspieler mit purer Spiellust um. Gaukler sind sie, allesamt. Alles Männer. Abgesehen von Bettina Koch.

Die Pianistin und Flötistin spielt mit Percussionist Toni Nissl die Komposition, die Paul Dessau für das Brecht-Stück schrieb. Das Duo gibt der Inszenierung dramatische Akzente und nutzt die Freiheit, ihre Tempi selbst setzen zu dürfen, um das Spiel mit schrägen Tönen voranzutreiben. Das Schauspiel-Quintett mit Sebastian Bischoff in der Titelrolle als herzensgute Shen Te und deren bösem Alter Ego Shui Ta, mit Andreas Erfurth, Moritz Gaa, Dierk Prawdzik und Kai Frederic Schrickel in verschiedenen Rollen wechselt mit den Charakteren auch die Kostüme. Coram publico. Das geht schnell und ist manchmal komisch, das Publikum wird einbezogen und Lokal-Kolorit eingebaut: „Du kommst nach Santa Fu“ wird dem missratenen Sohn gedroht, als sich dieser beim Klauen erwischen lässt. Das Kind ist eine Gummipuppe, der die großen Leute auch schon mal ungestraft eins auf die Ohren geben dürfen.

Alle zeichnen die jeweiligen Charaktere von den Göttern über den Barbier bis zum Wasserverkäufer mit Tiefenschärfe, meißeln neben der Shakespearschen Theatralik den Brechtschen Humor nahezu gallig heraus und arbeiten sich durch Kartons aller Größen, die Räume, Regale, Verließe und das ganze seelenlose Sezuan symbolisieren.