Bramstedter fürchten Verlust von Arbeitsplätzen und steigende Gebühren. Vion will Videoanlage installieren

Bad Bramstedt. Im Streit um den Bramstedter Schlachthof hat Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) signalisiert, dass er einen Weiterbetrieb für denkbar hält. Die Wiedereröffnung wäre in seinem Sinne und könnte am Ende des derzeitigen Verfahrens stehen, habe der Minister in einem Gespräch mit ihm erklärt, sagte der stellvertretende Bramstedter Bürgermeister, Arnold Helmcke (SPD). Er hatte Habeck bei einer Veranstaltung in Bad Segeberg angesprochen und sich für den Weiterbetrieb eingesetzt.

Habeck habe aber auch betont, dass zunächst die Gutachten ausgewertet und Konsequenzen daraus gezogen werden müssen. Am Ende des Verfahrens könne aber auch der Entzug der Zulassung stehen, sagte Habecks Sprecherin Nicola Kabel. Das Ministerium hat das Kreisveterinäramt angewiesen, Vion die Zulassung zu entziehen. Bislang habe der Kreis dieses Verfahren noch nicht eingeleitet, sagte Kabel. Daher sei es noch zu früh, über den Ausgang zu spekulieren.

Wegen gravierender Verstöße gegen Hygieneregeln und das Tierschutzgesetz ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft gegen den Schlachthofbetreiber Vion. Der Betrieb mit seinen 390 Beschäftigten ist seit einer Großrazzia am 25. Februar gesperrt. Die Vorwürfe sind erschreckend: Rinder sollen ohne ausreichende Betäubung getötet worden sein. In den Räumen fanden die Prüfer Schimmel und Dreck sowie getötete Tiere, die nicht für die Schlachtung zugelassen waren.

In Bad Bramstedt wachsen unterdessen die Sorgen um die Zukunft des Schlachthofs. Der Betrieb, der pro Jahr 200 Millionen Euro Umsatz macht, ist einer der größten Gewerbesteuerzahler der Stadt. Für die Stammbelegschaft mit ihren 140 Beschäftigten wurde Kurzarbeit angemeldet.

Eine dauerhafte Sperrung des Schlachthofs hätte auch für die Bramstedter Immobilienbesitzer spürbare Folgen. Um die Abwässer des Schlachthofs verarbeiten zu können, entsprechen die Kapazitäten der städtischen Kläranlage der einer 60.000-Einwohner-Stadt; Bad Bramstedt hat aber nur knapp 14.000 Einwohner. Entfällt der Schlachthof als Gebührenzahler, würden die Kosten für die Bramstedter deutlich steigen. Vion und seine Tochterbetriebe zahlen rund die Hälfte der jährlichen Gebühren in Höhe von insgesamt zwei Millionen Euro.

CDU-Fraktionschef Werner Weiß hat sich mit einem Brief an Habeck gewandt und geschrieben: „Mit großem Entsetzen nehmen die Mitglieder der CDU-Fraktion und weite Teile der Bramstedter Bevölkerung das Verfahren ihres Ministeriums in Sachen Vion-Schlachthof zur Kenntnis.“ Die „ungewöhnliche Härte“ der Entscheidungen widerspreche seinem Rechtsempfinden, heißt es in dem Schreiben.

Sollte der Schlachthof geschlossen bleiben, werde das kaum zu vermarktende Gebäude „zum Mahnmal für einen für uns unverständlichen, willkürlichen, überzogenen und – so heißt es in Bad Bramstedt – ideologisch motivierten Behördenakt“.

Die Bramstedter SPD sei von den Vorwürfen gegen Vion nicht überrascht worden, sagte Ortsvereinssprecher Jan-Uwe Schadendorf. Man habe in den vergangenen Jahren mehrfach intensive Gespräche mit Mitarbeitern der Vion gehabt und von Zuständen gehört, die wenig erfreulich waren. „Da die über Werkverträge beschäftigten Mitarbeiter häufig keinerlei deutsche Sprachkenntnisse gehabt hätten, wären diese gar nicht in der Lage gewesen, deutschsprachige Hygienevorschriften oder Arbeitshinweise zu lesen oder zu verstehen“, sagt der Sozialdemokrat. Er geht davon aus, dass es dem Betreiber möglich sei, die Missstände zu beseitigen.

Der Bramstedter Hauptausschuss wird sich am Montag, 17. März, auf einer außerordentlichen Sitzung mit dem Schlachthof beschäftigen. Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach wird einen Entwurf für ein gemeinsames Positionspapier vorlegen, in dem die Grundsätze für den Betrieb des Schlachthofs festgelegt werden sollen.

Vion-Sprecher Karl-Heinz Steinkühler schätzt die Verluste durch die Sperrung auf bislang rund fünf Millionen Euro. Weitere 50.000 Euro kämen jeden Tag hinzu. Steinkühler wies die Vorwürfe erneut zurück und sprach von einer „hochprofessionellen Mannschaft“, die in Bad Bramstedt arbeite: „Vion hat keinen Grund daran zu zweifeln, dass alles gut ist.“ Das Unternehmen führe Gespräche auf politischer Ebene und hoffe, in den nächsten Tagen den Betrieb in Bad Bramstedt wieder aufnehmen zu können. „Der Betrieb soll wieder laufen“, sagt Steinkühler. Vion kenne die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht und habe Akteneinsicht beantragt.

Steinkühler kündigte die Installation von Videokameras im Schlachtbetrieb an, sodass künftig alle Vorgänge kontrolliert werden können. Die Aufnahmegeräte sollen kurzfristig installiert werden. Außerdem werde in diesem Jahr eine neue und moderne Tötungsanlage für den Bramstedter Betrieb beschafft.

In Kiel werten drei Staatsanwälte die am 25. Februar beschlagnahmten Unterlagen aus und befragen Mitarbeiter und andere Zeugen.