GEW fordert bessere Arbeitsbedingungen für Lehrer und endlich ein Inklusions-Konzept

Kreis Segeberg. Es war schon mal besser, aber es war noch nie schlimmer. So fasst die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Kreis Segeberg, Sabine Duggen, ihre Kritik an der aktuellen Unterrichtssituation zusammen. In einem Brief an die SPD-Landtagsabgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber, zuständig für den Kreis Segeberg, macht Duggen ihrem Unmut Luft.

„Viele GEW-Mitglieder machen sich zunehmend große Sorgen um den Bildungsstandort Schleswig-Holstein. In der Mitgliederversammlung haben wir gerade erst viele haarsträubende Berichte aus der Praxis gehört – in Teilen ist es echt erschütternd, was da Kindern, Jugendlichen und Lehrkräften in den Schulen zugemutet wird“, schreibt die GEW-Kreischefin.

Die im Landeshaushalt für die Bildung vorgesehenen Finanzen reichten nicht aus, um die geforderten Aufgaben zu erfüllen. So habe das Bildungsministerium mehr oder weniger offen gesagt, dass die Gemeinschaftsschulen die Zahl der Pflichtstunden im kommenden Schuljahr um drei kürzen sollen, weil sonst die zugeteilten Planstellen nicht reichen würden. 32 Wochenstunden beträgt das normale Stundenkontingent. Im nächsten Schuljahr gebt ihr weniger Englisch, das holt ihr dann im übernächsten Jahr nach, wenn die Zahl der Schüler sinkt, heiße es da.

Im Kreis Segeberg (und auch in anderen Kreisen) dürfen Planstellen nur befristet besetzt werden, weil Nordfriesland angeblich mit Lehrkräften überversorgt ist. „Eine solche Argumentation, wäre sie wirklich ernst gemeint, würde jeglicher Logik entbehren“, sagt Sabine Duggen.

Besonders stark betroffen vom Problem, Lehrernachwuchs zu finden, sei der Süden des nördlichsten Bundeslandes. Die Schulleiter in Norderstedt und anderen Bereichen im Hamburger Rand fänden kaum Pädagogen. Die unterrichteten lieber in Hamburg, weil sie dort verbeamtet werden und Zukunftsperspektiven haben.

„An vielen Schulen kann wegen hoher Krankenstände in vielen Stunden von Unterricht keine Rede mehr sein – wenn Klassen aufgeteilt werden, eine Lehrkraft zwei oder mehr Klassen beaufsichtigen soll, Kinder auf Fluren sitzen und Bilder anmalen, ist das kein Unterricht mehr, die Kinder werden nur noch verwahrt“, heißt es in dem Brief an die Abgeordnete. Einige Grundschulen hätten sich wegen des Krankenstandes intern sogar schon von der verlässlichen Betreuung der Kinder am Vormittag verabschiedet.

„Die Lehrer sind enorm gefordert, weil die Zahl der verhaltensauffälligen Schüler immer weiter steigt. Das lässt sich auf Dauer kaum durchhalten, viele Pädagogen sind ausgebrannt, gehen vorzeitig in den Ruhestand oder werden krank“, sagt Sabine Duggen. Psychischer Druck könne körperliche Beschwerden nach sich ziehen und auf den Rücken durchschlagen.

Eine auch nur ansatzweise vernünftige Inklusion, also das gemeinsame Lernen aller Kinder mit und ohne Förderbedarf, sei nicht zum Nulltarif zu haben, kritisiert Sabine Duggen weiter und erneuert damit die Langzeitkritik der GEW. Das wisse doch inzwischen jeder, auch die Ministerin. Inklusiven Unterricht dennoch von den Lehrkräften ohne Zusatzausstattung zu verlangen, findet die GEW-Chefin ziemlich perfide und unanständig.

„Und wenn sich die Ministerin ihrer Ehrlichkeit rühmt und zugibt, dass 1000 Planstellen fehlen, aber den Mangel dann nicht abstellt, macht das die Sache nicht besser“, schreibt die Gewerkschafterin, die sehr gespannt ist auf das von der GEW und Elternvertretern schon lange geforderte Inklusions-Konzept, das die Ministerin versprochen habe.

„Vielleicht können Sie andere Mitglieder des Landtages aufrütteln. Lippenbekenntnisse, dass unsere Jugend unsere beste Ressource ist, helfen nicht weiter, wenn den Sprüchen keine Taten folgen“, lautet der Appell von Sabine Duggen an die Abgeordnete der Regierungspartei.