Ein Leidlied von Juli Szwajcar

Bahnfahren ist 1-a-Sahne. Immer wenn Herrchen mit mir zum Bahnhof geht, stehen Stunden bevor, die mein Hundeherz höher schlagen lassen. Dann geht es in die Felder, in den Wald oder ans Wasser – Orte, die dem stadterfahrenen Vierbeiner die notwendige Abwechslung im täglichen Trottoir-Trott offerieren. Wenn Herrchen mit der S-Bahn zum Bahnhof Altona fährt, stehen die schönsten Stunden bevor, die Mann Hund bieten kann: Dann fahren wir mit der Nord-Ostsee-Bahn nach Sylt. Es gibt wirklich nichts Tierischeres, als von Westerland nach Kampen am Strand hinter Stöckchen zu bückeln oder die Schafe am Ellenbogen zu observieren.

Die Fahrt auf die Insel ist auch vom Feinsten. Drei Stunden und zwei Minuten döse ich auf dem sauberen NOB-Abteilboden oder lasse mir von Herrchen den Hals kraulen. In Höhe Pinneberg kommt dann die freundliche Fahrkartenkontrolleurin vorbei und fragt Herrchen nach einem Zettel, der Schleswig-Holstein-Ticket heißt. Letztes Wochenende war Onkel Norbert mit von der Partie. Als Nobby sein Ticket zückte, bat ihn die NOB-Frau mit dem Kuli zu signieren. Dann sagte die Dame einen denkwürdigen Satz: „Der Hund darf nicht unterschreiben!“

Das fand ich ungerecht. Denn auf dem Gruppenticket stand: „3 Personen“. Ja, es ist wahr: Ich bin für die NOB auch eine Fahrperson! Laut Paragraf 13 ihrer Allgemeinen Tarif- und Beförderungsbedingungen muss Herrchen für mich eine Einzelfahrkarte Kind 2. Klasse lösen, da ich größer als eine Hauskatze bin und nicht in einem „geeigneten Behälter“ reise. „Bei der Mitnahme mit dem Schleswig-Holstein-Ticket wird ein fahrkartenpflichtiger Hund als Erwachsener gewertet“, schreibt die NOB. Das sind für die zweite bis fünfte Person jeweils drei Euro pro Strecke – halb so teuer wie der Hundezuschlag im Hotel.

Trotzdem kriegt Herrchen einen dicken Hals, wenn Onkel Norbert ihn auf das Hunde-Erwachsenenticket anspricht: „Ein Riesen-Hardcase-Koffer in Deutsche-Doggen-Größe kann umsonst mitgenommen werden“, pflegt Herrchen zu sagen. „Das Hundeticket stinkt zum Hundehimmel.“

Juli Szwajcar, 2, ist die Entlebucher Sennenhündin von Abendblatt-Redakteur Andreas Schmidt