Die Landrätin bekräftigt, dass der Kreis im Asylfall der armenischen Familie Hakopjan aus Nahe korrekt gehandelt habe

Bad Segeberg/Nahe. Rein rechtlich sind das Asylverfahren gegen die armenische Familie Hakopjan aus Nahe sowie die erst aufgrund eines Formfehlers gestoppte Abschiebung korrekt abgelaufen. Das hat Landrätin Jutta Hartwieg gegenüber 300 Demonstranten vor dem Kreishaus in Bad Segeberg noch einmal bekräftigt und somit die Mitarbeiter der Ausländerbehörde verteidigt.

Diese sind derzeit heftiger Kritik ausgesetzt: Mit Unterstützung von Polizeibeamten sollte die Ausweisung der Eltern und deren drei, in Deutschland geborenen Söhne frühmorgens am 31. Januar zwangsweise durchgeführt werden. Dies wurde von Nachbarn in Nahe beobachtet und publik gemacht (das Abendblatt berichtete).

„Ich bin keine Augenzeugin, ich kann nur das wiedergeben, was mir gesagt wurde. Ich habe keine Hinweise darauf, dass das Vorgehen menschenunwürdig gewesen ist“, entgegnete Jutta Hartwieg, als sie auf die Vorgänge angesprochen wurde. So habe sich die Mutter der Familie, Karine Hakopjan, durchaus anziehen dürfen. Das wiederum widerspricht den Berichten des am 31. Januar anwesenden Naher Pastors Ekkehard Wulf oder von Petra Nagel, einer Lehrerin und Freundin der Betroffenen. Unter den Demonstranten wurde daher der Vorwurf laut, dass der Einsatzbericht nicht den Tatsachen entspräche und Lügen enthielte.

In einem ungewöhnlichen Vorgang hat der Kreis nun sogar eine offizielle Stellungnahme veröffentlicht und schildert darin das Verfahren gegen die Hakopjans. „Die unangekündigte Abschiebung war vor einer Inhaftierung beider Eltern bis zur Abschiebung als milderes Mittel zu bewerten“, heißt es. Und: „Die überraschende Maßnahme war nach den vorherigen Einlassungen der Familie und des Rechtsbevollmächtigten allerdings notwendig, um die Durchführung der umfangreichen Abschiebung sicherzustellen und eine eventuelle Eigengefährdung der Familienmitglieder zu verhindern.“

Ebenso hätte es in diesem Fall keinen Ermessensspielraum mehr gegeben. Vielmehr sei der Kreis durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angewiesen gewesen, die Abschiebung vorzunehmen, teilte die Verwaltung mit. Die Landrätin versuchte den Demonstranten, darunter viele Kinder und Jugendliche der Schule im Alsterland, zu erklären, dass sie die Entrüstung menschlich nachvollziehen könne. „Ich sage seit Langem, dass wir ein anderes Bundesgesetz benötigen. Ich hoffe, dass es mit der Großen Koalition Bewegung gibt. Dann müssten wir nicht mehr hier stehen wie heute.“

Sie versicherte, dass Familie Hakopjan nun solange geduldet sei, bis die Härtefallkommission im Kieler Innenminister am 8. April über den Fall beraten habe. Dann könnte entweder ein dauerhaftes Bleiberecht ausgesprochen werden – oder die Abschiebung wäre endgültig beschlossene Sache.

In der Kreispolitik dürfte der Fall demnächst ebenso nachbereitet werden. „Wir müssen uns endlich der Tatsache stellen, dass wir ein Einwanderungsland sind und dass wir auch die Menschen für unsere Zukunft brauchen. Dazu gehört auch, dass wir eine entsprechende Willkommenskultur entwickeln“, sagte Edda Lessing, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag.

Die Piratenpartei bescheinigte der Kreisverwaltung, sich korrekt verhalten zu haben. „Wenn es darum geht, nun öffentlich anzuprangern, so sollte es doch die aktuelle Gesetzgebung sein, die vom Bund gestaltet wird“, so der Kreistagsabgeordnete Toni Köppen. „Was bleibt, ist die Hoffnung, dass die Härtefallkommission die Abschiebung aussetzt, bis die drei Kinder selber über ihren Aufenthalt entscheiden können.“

Der Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes (SPD) versprach, sich bei der Kommission sowie bei Innenministerin Andreas Breitner (SPD) für die Hakopjans einzusetzen. Er verwies ferner auf den Koalitionsvertrag: Wer lange in Deutschland geduldet lebt und sich nachhaltig integriert hat, soll bessere Perspektiven für ein Bleiberecht erhalten. „Unsere Asylgesetze müssen zeitgemäßer werden“, so Thönnes.

Auch die Naher Gemeindevertretung befasst sich während ihrer nächsten Sitzung am 20. Februar, 19.30 Uhr (Bürgerhaus), mit dem Asylfall. Dann sollen, so der Wunsch von Bürgermeister Holger Fischer, die Fraktionen eine gemeinsame Resolution verabschieden, die sich für ein dauerhaftes Bleiberecht der Hakopjans ausspricht.