Auch Männer und Frauen, die Körperschmuck tragen, können einen seriösen Beruf ausüben

Norderstedt. „Trotz Ihrer hervorragenden Referenzen und Qualifikation müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie aufgrund Ihres Erscheinungsbildes leider nicht in unser Team passen.“ Ein Satz, der bei mir auf großes Unverständnis stößt und mich sehr nachdenklich stimmt. Ich bin 17 Jahre alt, tätowiert und gepierct, und ich kann diesen Satz einfach nicht nachvollziehen. Meine Zukunftspläne? Ein Medizin- oder Jurastudium!

Aber Moment: Wie passt das zusammen? Einen seriösen Job ausüben und trotzdem seinem Stil treu bleiben? Gerade im Bereich Jura ist dies sehr streng geregelt. Tattoos und Piercings werden gar nicht gerne gesehen. Aber Körperschmuck sagt doch nichts über die Fähigkeiten einer Person aus! „Wer früher tätowiert war, galt als Straftäter oder Seemann, und diese Assoziationen scheinen bis heute in den Köpfen der Menschen zu sein“, sagt die Mediengestalterin Marie Luise Luther, 25. Viele Leute in meinem Alter sind tätowiert und gepierct. Müsste sich die Einstellung gegenüber dem beliebten Körperschmuck nicht langsam, aber sicher ändern?

„Also, ich bin jedes Mal positiv überrascht, wenn ich mein Kind im Kindergarten abhole. Der Leiter sieht aus wie ein Wikinger mit langen Haaren und Bart. Der ist stark tätowiert mit Totenköpfen und so. Er ist einfach super und hat einen tollen Umgang mit den Kindern“, berichtet Nadia Kempers, 36. Auch Tätowierte sind also durchaus in der Lage, verantwortungsvolle Berufe auszuüben.

Aber stellen Sie sich mal Folgendes vor: Sie wenden sich an einen Anwalt und merken dann, dass er tätowiert ist, beispielsweise an den Händen. Was denken Sie darüber? „Dieser Person würde ich mich nicht anvertrauen. Ich habe zwar nichts gegen Tattoos, jedoch haben diese Personen bekannterweise einen Stempel auf der Stirn und wirken für mich nicht seriös. Man ist so etwas halt nicht gewöhnt. Von so einer Person würde ich mich nicht vor Gericht vertreten lassen“, sagt mir eine Bekannte. „Stell dir mal vor, du bist eine ältere Person und bekommst einen Vormund, der stark tätowiert ist – und der soll dann dein Geld verwalten: Nie im Leben!“, lautet eine andere Stellungnahme.

Jedoch gibt es auch Leute, die das anders sehen, wie zum Beispiel Nadia Kempers. Sie sagt, dass es sie überhaupt nicht stören würde, da der Körperschmuck nichts über den Menschen aussagt. Für sie sind Tattos und Piercings eine reine Geschmackssache. „Wenn ich einen Anwalt bräuchte und sehe, dass der Piercings und Tattoos hat, würde ich mir denken: ,Mensch, voll die coole Socke!’“, sagt sie.

Und so sehe ich das auch. Eine Person aufgrund ihres Aussehens nicht einzustellen, ist für mich nicht gerechtfertigt, da immer mehr Leute das vollkommen okay finden. Ich persönlich hoffe sehr, dass die Einstellung zu Körperschmuck sich positiv verändert. Viele Menschen sollten einfach offener zu dem Thema stehen. Ich mache mir viele Gedanken über meine Zukunft und hoffe, später meinen Stil treu bleiben und meinen Traumberuf ausüben zu können.