Wohnprojekte für Senioren wie im Garstedter Emmaushaus und demnächst in Nahe sind gefragt

Norderstedt/Nahe. Die Stimmung ist gut im dritten Stock des Emmaushauses in Garstedt neben der Christuskirche. Gleich startet der Chor unter der Leitung von Gottfried Kretschmer, vorher aber dreht Elli noch ihre Runde. Die Hündin von Barbara Matthies ist der Liebling aller Senioren, die im Haus wohnen. Sie lässt sich streicheln, freut sich über jeden und hat so ihren Anteil daran, dass sich die Bewohner wohlfühlen. Matthies selbst leitet das „Wohnen mit Service“ der Pflegediakonie des Kirchenkreises Hamburg West/Südholstein. 52 Senioren, die im Emmaushaus wohnen, können die Angebote in Anspruch nehmen. Sie müssen es aber nicht.

Pflegediakonie-Prokuristin Katrin Zehl hält das „Wohnen mit Service“ für die ideale Wohnform im Alter – auch für sich selbst. „Wenn man in einer Einrichtung wie bei uns wohnt, dann kann man seine Eigenständigkeit behalten“, sagt sie. Barbara Matthies ergänzt: „So lange die Leute nachts allein sein können, sind unsere Wohnungen für sie geeignet.“ Sollte Pflege nötig sein, könne diese individuell gebucht werden – bei der Pflegediakonie oder einem anderen Anbieter. Sie selbst ist dafür nicht zuständig, sondern sie sorgt für verschiedene Programmpunkte im Alltag und hat ein offenes Ohr für die Bewohner. Es gibt Modeschauen für Senioren, immer wieder Ausflüge zu günstigen Preisen oder ein Mietercafé, in dem sich die Bewohner austauschen können. Mittlerweile ist, so sagen Zehl und Matthies, ein gutes Gemeinschaftsgefühl entstanden.

Senioren wünschen sich vor allem Kontakt mit der jüngeren Generation

Petra Müller leitet die Fachstelle Alter der Nordkirche in Kiel und hat dabei auch immer wieder das Wohnen zum Thema. Wenn sie in Kirchengemeinden oder anderswo Vorträge hält, kommen die Zuhörer in Scharen. „Da gibt es viel Gesprächsbedarf, man ist auf der Suche nach Alternativen.“ Dabei gehe es nicht nur darum, neue Wohnformen zu finden, sondern auch einmal darum, den vorhandenen Wohnraum auf das Älterwerden umzurüsten. Müller: „Da geht einiges mit geringem Aufwand.“ Sie berichtet von einer Untersuchung in den Kirchengemeinden, die der Frage nachgegangen ist, was die Senioren sich am ehesten wünschen und was ihnen am meisten fehlt. Herausgekommen sei der Wunsch nach generationenübergreifenden Kontakten, die gleichzeitig am meisten fehlen würden.

Ein Teil davon ist im Emmaushaus realisiert worden: Dort leben auch einige jüngere Menschen. Zwei Familien mit behinderten Kindern sowie zwei Personen, die rund um die Uhr eine Assistenz brauchen, listet Zehl auf. Die Senioren sind in der Mehrheit, wobei sie in direkter Nachbarschaft zu jüngeren Menschen leben – Kirchengemeinde, Kindergarten, Wohngruppe der Norderstedter Werkstätten und das Café Plietsch befinden sich auf dem Gelände.

In Nahe haben interessierte Bürger bereits eine Genossenschaft gegründet

Wie aktiv die Senioren oft noch sind, zeigt das Beispiel Erika Meier. Die 83-Jährige hat in ihrem Zimmer Computer mit Internet-Anschluss, näht viel mit ihren beiden Maschinen und spielt auf dem modernen Keyboard für den Besuch schnell noch ein Ständchen. Besonders gut zu Fuß ist sie nicht mehr, aber durch das barrierefreie Bad und den Fahrstuhl nach oben kann sie die Wohnung mit Blick über die Landschaft genießen.

Was in Garstedt bereits läuft, soll in etwas anderer Form auch in Nahe aufgebaut werden. Rüdiger von Hanxleden, 69, und seine Frau Beata, 58, wollen am Ortsrand ihr Projekt „Miteinander Wohnen“ realisieren. Mittlerweile haben sie mit anderen Interessenten eine Genossenschaft gegründet, in deren Rahmen der Bau des Hauses selbst organisiert werden soll. Zu den wichtigsten Unterstützern zählt dabei von Anfang an die Kirchengemeinde Nahe und insbesondere Pastor Jobst Ekkehard Wulf. Das Projekt sei für diejenigen interessant, die ihre Selbstständigkeit erhalten wollen und gleichzeitig Interesse an anderen haben, so Wulf. „Die vorhandenen vielfältigen Gaben und Talente sollten im Sinne Jesu nicht brach liegen oder verkümmern, sondern zum Wohle aller eingesetzt werden.“ Auch er selbst könne sich vorstellen, im Alter gemeinschaftlich zu wohnen, sagt der 56-Jährige.

Initiator Rüdiger von Hanxleden hat bereits in der Nachbarschaft zum geplanten Neubau Gemeinschaft erfahren dürfen. Denn hier baute er auf einem Hof 1984 die „Wohngruppe Miteinander“ auf, in der er als Betreuer mit Behinderten zusammenlebte und unter anderem in der Gemeinschaft bei der Pflege seiner ersten Frau unterstützt wurde. „Alleine hätte ich das nie geschafft“, sagt er. Für ihn eine wichtige Erfahrung, die ihn bestärkt hat, an einer Alternative zu Pflegeheim und Altersvereinsamung zu arbeiten. Insbesondere geht es ihm deshalb auch darum, für die Menschen eine Lösung zu finden, die einen Partner verlieren und für die alleine das Eigenheim zu groß geworden ist.

Neben Wohnraumförderung und Eigenmitteln für den Bau von 22 Wohnungen – bevor überhaupt ein Spatenstich getan wurde, sind nach aktuellem Stand bereits 16 belegt – gibt es auch öffentliche Fördergelder. Die Aktivregionen im Land haben den öffentlichen Teil des Projektes zu einem landesweiten Leuchtturmprojekt erklärt und wollen ihn mit 150.000 Euro fördern. Damit sollen im Haus öffentliche Gemeinschaftsräume und auf dem Außengelände weitere Flächen der Begegnung für Spiel und Sport entstehen. Wenn alles gut läuft, könnte laut Rüdiger von Hanxleden 2015 mit dem Bau begonnen werden.