Politiker beschließen nun doch Millionen-Neubau am Tarpenufer. Abriss der Ladenzeile im Frühjahr

Norderstedt. Der Beschluss sei ein Kniefall vor dem Investor und ein Offenbarungseid für die Norderstedter Kommunalpolitiker – mit deutlichen Worten kritisieren Norderstedts Grüne ihre Kollegen von CDU, SPD, FDP und WiN, die dem Bebauungsplan „Wohnen und Einkaufen am Tarpenufer“ im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr zugestimmt hatten. „Und das, obwohl es ausdrücklich keinen sozialen Wohnungsbau geben wird“, sagt Detlef Grube, Fraktionschef der Grünen.

Die breite Zustimmung stehe in krassem Widerspruch zum Beschluss der Stadtvertreter vom April 2013. Danach sollen bei Neubauvorhaben grundsätzlich 30 Prozent auf Sozialwohnungen entfallen. „Der Investor des Projekts am Tarpenufer hatte jedoch wegen seiner langjährigen Planung den sozialen Wohnungsbau an diesem Standort als nicht machbar bezeichnet“, sagt Grube. Nach dem Abstimmungsverhalten von CDU, SPD, FDP und WiN stelle sich nun die Frage, ob diese Fraktionen auch künftig den sozialen Wohnungsbau in Norderstedt verhindern werden, „sobald ein Investor aufschnauft und Unmöglichkeit ausruft“. Damit würde, so Grube, der Beschluss der Stadtvertretung konterkariert. „Wir erwarten eine gleichmäßige Verteilung von sozialem Wohnungsbau im Stadtgebiet. Auch das Quartier am Schmuggelstieg mit all seinen wohnortnahen Versorgungsmöglichkeiten wäre dafür ideal“, sagt der Grünen-Fraktionschef.

Die Geschäftsleute hingegen dürfte das Ja zum Millionenprojekt freuen, erhoffen sie sich doch den lang ersehnten Aufschwung für das Einkaufsquartier. Zwischenzeitlich lag der Neubau auf Eis, weil weder die Stadt noch der Investor den Politikern Auskunft darüber gegeben hatten, ob Sozialwohnungen geplant sind. Darauf hin hatten SPD, Grüne und Die Linke ihre Zustimmung verweigert. Nun aber hat zumindest die SPD ihren Widerstand aufgegeben.

Die Stadt habe mit der Hamburger Unternehmensgruppe Hermann Friedrich Bruhn Gespräche geführt, in denen der Investor dargelegt habe, warum er keine Sozialwohnungen bauen kann, sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Lange. Dafür müsste er mit seinen langjährigen Planungen von vorne anfangen, „und die Zeit haben wir nicht“. Eine weitere Verzögerung müsse vermieden werden, da Wohnraum dringend geschaffen werden müsse. Endgültig werden die Stadtvertreter am 4. Februar das Bauvorhaben absegnen.

Nun müsse es zügig losgehen, denn das gesamte Quartier leide enorm, so Kay Brahmst, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Hermann Friedrich Bruhn. Seit Jahren müssen die Geschäftsleute wegen Dauerbauarbeiten gravierende Umsatzeinbußen verkraften. Erst wurde der Schmuggelstieg attraktiver gestaltet, dann der Knoten Ochsenzoll ausgebaut. Angesichts vieler leer stehender Läden kann von einem Einkaufserlebnis keine Rede sein.

Noch im Frühjahr kann mit dem Abriss der alten Ladenzeile begonnen werden. In 15 bis 18 Monaten sollen 2500 Quadratmeter Gewerbefläche und 40 Zwei- bis Dreizimmer-Mietwohnungen entstehen, auf den Dächern eine Parkpalette und 89 Stellplätze in der Tiefgarage. Discounter, Drogeriemarkt sowie Spielhalle werden nach dem Ende der Bauarbeiten zurückkehren.