Eine Glosse von Manfred Scholz

Kein Klatsch-Magazin des Fernsehens hierzulande kommt ohne die Mitglieder des englischen Königshauses aus. Wenn Prinz William mal wieder ein Heim für gestrauchelte Jugendliche einweiht, sind die Kameras dabei. Neben ihm steht, wie gehabt, seine angetraute Kate und lächelt nichts sagend, gewissermaßen von Berufs wegen. Kronprinz Charles, der seit Jahrzehnten geduldig auf seine Machtübernahme hofft, lässt sich beim Plaudern mit irgendwelchen Pflanzen filmen.

Wenn Charles jüngster Sohn, der wilde Harry, wieder einmal im Morgengrauen aus einer Nobelbar in London torkelt, erfährt es der bürgerliche TV-Konsument nur wenig später. Der Blaublüter, bar jeder Existenzsorgen, sollte sich ein Beispiel an seiner Großmutter nehmen. Elizabeth II. erfüllt seit Menschengedenken ihre Repräsentationspflichten mit preußischer Disziplin. Allerdings, mit Verlaub erwähnt, Majestät, so aufregend wie ein englischer Nieselregen. Da gibt ihr verschrobener Gatte, Prinz Philip, schon mehr Schlagzeilen her. Der lässt ungern ein Fettnäpfchen aus.

Was fasziniert das deutsche Fernsehvolk dermaßen an der britischen Monarchie? Fehlt uns der bunte Glanz, die tägliche Hofberichterstattung? Es liegt vielleicht daran, dass von Merkel, Gabriel oder Seehofer so herzlich wenig Zauber ausgeht. Das sind nüchterne Manager der Macht – sachbezogen und knochentrocken. Wollen wir etwa wieder einen Kaiser zurück? Zu bedenken ist allerdings, dass der letzte seiner Adelszunft, Wilhelm II., ein intellektueller Tiefflieger war. Er endete, wie bekannt, als Holzfäller in Holland.