Eine Glosse von Frank Knittermeier

Die kalte Jahreszeit ist bisher noch glimpflich verlaufen: Kaum vereiste Autoscheiben, kein Schnee, dafür zarte Triebe im Garten. Ansonsten aber hat der Winter schon vor Wochen Einzug gehalten. Oder wie sind die Kleidungsgewohnheiten sonst zu deuten?

Schon lange vor Ende des Sommers stellt die Bekleidungsindustrie um: Fellgefütterte Stiefel, wärmende Pullover, immer ausgefeiltere und leider auch teurere Hightech-Jacken, die weder Wind noch Nässe durchlassen, sind in den Auslagen zu bewundern. In diesen Wochen ist kaum ein Mensch unterwegs zu sehen, der seine Wollmütze nicht tief in die Stirn gezogen hat, knöchelhohe Stiefel mit Eleganz trägt und auch sonst mit wärmender Winterkleidung bestens ausgestattet ist. Und das ist auch gut so. Die Gefahr, auf dem Weg von der Tiefgarage oder vom Parkdeck ins Einkaufszentrum von einem Eissturm überrascht zu werden, ist zweifellos nicht von der Hand zu weisen. Da gilt es, gewappnet zu sein. Und wenn die Temperaturen von einer Minute auf die andere von plus zehn auf minus zehn Grad fallen? Was dann? Wer auf diesen Moment nicht vorbereitet ist und keine dicken Stiefel trägt, kann ganz schön alt aussehen.

Ich für meinen Teil habe dem Winterkleidungswahn abgeschworen. Die Schaufenster mit modischen Winterklamotten beachte ich gar nicht. Also, ich will mal so sagen: Neulich hat meine Thermohose noch gepasst. Aber jetzt, kaum 20 Jahre alt, geht der Knopf plötzlich nicht mehr so richtig zu. Und die Winterstiefel, 1987 günstig gekauft und wirklich nur in Notsituationen genutzt, zeigen Ermüdungserscheinungen an den Sohlen.

Mal sehen, was die Läden so zu bieten haben. Wenn es denn sein muss, kaufe ich mir vielleicht auch modische Winterklamotten. Aber das kann ich versprechen: Ich werde sie mit deutlicher Verachtung tragen. Wer weiß, vielleicht können sie ja auch mal gute Dienste leisten. Wenn im Einkaufszentrum plötzlich die Klimaanlage ausfällt zum Beispiel – ich bin dann gewappnet. Und zwar hochmodisch!