Eine Glosse von Heide Linde-Lembke

Die Haselnuss-Kätzchen blühen gelb und lang, am Bach sprießt das frische Grün, die Primeln lassen ihre blaue Farben strahlen, und die Vögel singen früh am Morgen, wenn die Welt noch tief im Dunkeln liegt. Und überhaupt rumort und flirtet es in Natur und Land und Haus. Ja, ist denn schon Frühling?

Dabei steht doch noch der Weihnachtsbaum in voller Pracht in den meisten Wohnzimmern, und von vielen Hauswänden strahlen die Lichterketten, darunter auch so ganz fiese kaltblaue Exemplare, noch bis weit in den Februar, schließlich ist es die dunkle Jahreszeit, und da braucht der Mensch: Licht!

Aber was treibt sie nun, die Haselnussbüsche, Primeln und Vögel, schon jetzt den Frühling einzusingen? „Es ist zu warm für die Jahreszeit“, sagen die Wetterberichterstatter von Funk und Fernsehen. Grüne Weihnachten statt weiße Puder-Pracht. Zehn Grad plus statt 20 Grad minus.

Das hat sein Gutes. Zumindest das lästige Schneeschippen entfällt. Statt bitteres Bürgersteigfegen morgens früh um Sieben darf wonnig weiter geschlafen werden.

Klimawechsel weit gefehlt? Alles normal? Oder ist der Sonnenstand für den verfrühten Frühlingsrausch verantwortlich, denn die Sonne steht der Erde im Januar näher als im Sommer. Dafür ist allerdings die Neigung der Erdachse zuständig, die uns derzeit ins Dunkel taucht.

Doch: Wartet, wartet nur ein Weilchen, dann kommt der Winter auch hierher. Mit Schnee, Eis und Frost und diesen Teilchen macht er uns das Leben schwer. Und dann heißt es: Vogelsang ade – ran an den Schnee!