Zahl wird weiter steigen. Doch die Unterkünfte sind voll. Städte und Gemeinden suchen händeringend nach Lösungen

Kreis Segeberg. Die Plätze werden knapp, die Unterkünfte sind so gut wie voll: Dennoch werden die Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg weitere Flüchtlinge aufnehmen müssen. 350 Asylbewerber waren es in diesem Jahr, 510 sollen es voraussichtlich im neuen Jahr werden, die genauen Zahlen will die Ausländerbehörde im Februar bekannt geben.

„Es gibt momentan kein Thema, was uns mehr beschäftigt“, sagt Norderstedts Sozialdezernentin Anette Reinders. Sie geht davon aus, dass der Kreis der Stadt im neuen Jahr zwischen 150 und 160 Asylbewerber zuweisen wird. Und da sucht die Stadt händeringend nach Möglichkeiten, die Menschen unterzubringen – eine Aufgabe, die Kreativität und Geld erfordert, denn: Die Notunterkünfte am Buchenweg und an der Lawaetzstraße sind fast komplett besetzt. 250.000 Euro sind zusätzlich in den Doppelhaushalt für 2014/2015 eingestellt, um die Flüchtlinge betreuen und ihnen ein Dach über dem Kopf bieten zu können.

Stadt baut Schlichtwohnungen am Kiefernkamp für Flüchtlinge um

„Die Situation verschärft sich dadurch, dass ja diejenigen, die im vorigen Jahr hierher gekommen sind, nicht gleich wieder weg sind“, sagt die Dezernentin. Anträge und Angaben müssten geprüft werden. Erste Sofortmaßnahme ist der Umbau der Schlichtwohnungen am Kiefernkamp. Mit 32 Quadratmetern sei der Platz nicht gerade üppig, eventuell könnten in den Häusern Ehepaare untergebracht werden. Außerdem prüft die Stadt, ob Hausmeisterwohnungen zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert werden können. Anette Reinders geht davon aus, dass zusätzlich zu den bisherigen Unterkünften noch weitere 100 Plätze gefunden werden müssen.

Eine Alternative, die zu Hochzeiten des Flüchtlingszustroms vor knapp 20 Jahren als Allheilmittel galt, schließt die Dezernentin allerdings aus: Neue Container will die Stadt nicht aufstellen. Das wäre eine relativ teure Lösung, weil die Pavillons inzwischen relativ komfortabel ausgestattet seien. Stärkerer Kostentreiber sei aber noch die große Nachfrage: „Es geht ja nicht nur darum, Asylbewerbern Unterkünfte zu bieten. Container sind ja auch bei anderen Engpässen wie bei vorübergehendem Platzmangel an Schulen oder Kitas als Provisorien beliebt“, sagt Anette Reinders. Und der große Bedarf treibe die Preise in die Höhe.

Ein Dach über dem Kopf sei das eine, mindestens genauso wichtig sei aber, den Menschen, die mit viel Hoffnung und oft nach einer langen, kräftezehrenden Flucht hierher kommen, auf dem Weg in die Gesellschaft zu helfen. „Es geht darum, dass sich die Flüchtlinge in der Stadt orientieren können, um ganz simple Dinge, beispielsweise darum, ihnen einen Stadtplan in die Hand zu drücken“, sagt die Dezernentin.

Sie habe einen kleinen Runden Tisch mit Vertretern der Wohlfahrtsverbände und der Integrationsbeauftragten einberufen, Ziel sei, ein Ehrenamtlichen-Projekt zu starten. „Wir wissen, dass die Bereitschaft vieler Norderstedter, sich zu engagieren, sehr hoch ist“, sagt Anette Reinders. Und gerade bei diesem sensiblen Thema sei es nötig, die Bürger so früh und so weit wie möglich einzubeziehen, um Konfrontationen zu vermeiden.

Ihr schwebt eine sogenannte Tandem-Lösung vor. Jemand, der sich in der Stadt gut auskennt und ein Dolmetscher kümmern sich einzelne Flüchtlinge, helfen bei Behördengängen, beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen. „Hier haben wir noch ein großes Potenzial unter unseren Migranten, die schon lange hier leben, ortskundig sind und auch noch die Sprache der Flüchtlinge sprechen“, sagt die Dezernentin. Gut aufgestellt sei die Stadt, wenn es darum gehe, dass die Asylbewerber möglichst schnell Deutsch lernen. Das DaZ-Zentrum (Deutsch als Zweitsprache) arbeite schon lange und erfolgreich in der Sprachvermittlung (s. Info-Kasten).

„Die genauen Zahlen werden wir erst Anfang Februar vom Kreis bekommen, wir gehen aber davon aus, dass wir mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen als im Vorjahr“, sagt Joachim Gädigk, Leiter des Ordnungsamtes in Henstedt-Ulzburg. 2013 hatte der Kreis der Gemeinde 37 Asylbewerber zugewiesen. Die Verwaltung überprüfe zurzeit, welche eigenen Gebäude als Unterkünfte genutzt werden können.

Die kommunale Familie wird sich auch künftig gegenseitig unterstützen

„Ein Haus haben wird gerade renoviert und reaktiviert“, sagt Gädigk. Ansonsten müssten Wohnungen auf dem freien Markt angemietet werden – eine Lösung, die auch die Verwaltung in Bad Bramstedt anwendet. Die Vermieter bekommen die Kosten vom Kreis erstattet. „Bisher haben wir gut mit dem Kreis zusammengearbeitet und bei Engpässen erreicht, dass die Flüchtlinge woanders unterkommen“, sagt der Büro leitende Beamte Jörg Kaminski. Er gehe davon aus, dass sich die kommunale Familie auch künftig helfen wird.

Auch die Verwaltung in Kaltenkirchen stellt sich auf höhere Flüchtlingszahlen ein. Im Vorjahr kamen 18 Asylbewerber, sie wurden in den städtischen Unterkünften am Kamper Stieg untergebracht, einige direkt vom Kreis Segeberg ihren Familien zugewiesen. Zwei je dreiköpfige Familien mieteten mit Hilfe der Stadt Wohnungen an.

„Für weitere Flüchtlinge werden unsere eigenen Aufnahmekapazitäten nicht reichen, sodass wir zurzeit Alternativen prüfen“, sagt Rathaussprecher Martin Poschmann. Die Flüchtlinge sollen auf jeden Fall möglichst dezentral wohnen, die Stadt will ihnen helfen, Wohnungen auf dem freien Markt zu mieten.