Unternehmen und Schulen in Norderstedt schließen erste Kooperationsverträge

Norderstedt. Was macht ein Chemiker? Wie arbeitet ein Controller? Ist Bankkaufmann ein spießiger Beruf? Das sind Fragen, die Schüler zunehmend stellen, weil sie sich frühzeitig auf ihr Berufsleben vorbereiten wollen. Doch die Lehrer können meist nur theoretisch antworten, kaum einer hat längere Zeit in einem Unternehmen verbracht. Durch neue Kooperationen soll diese Lücke nun geschlossen werden. Das Gymnasium Harksheide kooperiert mit der Sparkasse Holstein und hat die Zusammenarbeit gerade offiziell besiegelt, das Coppernicus-Gymnasium hat den Gabelstaplerhersteller Jungheinrich als Partner gewonnen.

Die Berührungsängste früherer Jahre scheinen überwunden. „Die Unternehmen haben sich den Schulen gegenüber deutlich geöffnet“, sagt Torben Flohr, bei der Handwerkskammer Lübeck zuständig für die Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben. Für die neue Aufgeschlossenheit sieht er vor allem zwei Motive: Schon jetzt fehlen Fachkräfte, der demografische Wandel werde den Mangel noch verstärken. „Und da wollen die Personalchefs möglichst früh gegensteuern, junge Leute kennenlernen und sich potenzielle Mitarbeiter sichern“, sagt Flohr.

Der Einblick in wirtschaftliche Abläufe fördert die Ausbildungsreife

Die Schulen wiederum profitieren, da die Schüler im engen Kontakt mit der Wirtschaft erfahren, welche Fertigkeiten und Kompetenzen gebraucht werden. Der Einblick in wirtschaftliche Abläufe fördere die Ausbildungsreife der Jugendlichen. Während die Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein insgesamt zugenommen haben, sei Norderstedt noch ein weißer Fleck, wobei der Austausch der Kammer nicht immer bekannt und mit einem offiziellen Kooperationsvertrag besiegelt sei.

„Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit der Sparkasse. Es gibt einen großen Bedarf bei den Schülern, sich über das Berufsbild des Bankkaufmanns und die Aufgaben von Geldinstituten bis hin zum Versicherungsgeschäft zu informieren“, sagte Gerhard Frische, Leiter des Gymnasiums Harksheide. Lehrer Thorsten Böhm, im Gymnasium zuständig für die Berufsvorbereitung, hat die Schüler gefragt, was sie brauchen. „Neben Informationen rund um die Banken und Sparkassen gab es einen ausgeprägten Wunsch nach Bewerbungstraining“, sagte Böhm. Diesen Wunsch will die Sparkasse Holstein, die insgesamt 35 personenbesetzte Filialen, zwei davon in Norderstedt, betreibt, nun erfüllen – ein Baustein im Kooperationskonzept.

Die Sparkasse kommt in der achten Klasse ins Spiel, wenn Bewerbungstraining auf dem Stundenplan steht. „Da schicken wir gern unsere Azubis hin, die sind altersmäßig noch dicht dran und damit glaubwürdiger als wir, die wir schon älter und lange im Beruf sind“, sagt Nina Becker vom Personalmanagement der Sparkasse Holstein. In Klasse neun geht es um die Frage, wie man Bewerbungsgespräche und Auswahlverfahren, die gefürchteten Assessment-Center, möglichst erfolgreich hinter sich bringt. Zudem können die Harksheider Gymnasiasten in den Norderstedter Filialen der Sparkasse Holstein auch die zweiwöchigen Betriebspraktika absolvieren.

Plätze wird das Geldinstitut auch für das Wirtschaftspraktikum anbieten, das die Schüler in der elften Klasse durchlaufen. „Da wird es zunehmend schwieriger, Unternehmen zu finden“, sagt Schulleiter Gerhard Frische. Im Unterschied zum Betriebspraktikum gehe es nun darum, wirtschaftliche Abläufe kennenzulernen und einen Einblick zu bekommen, welche Aufgaben die einzelnen Unternehmensbereiche haben und wie sie miteinander kommunizieren. Auch außerhalb dieser regelmäßigen Zusammenarbeit können sich die Schüler jederzeit über Lehrer Thorsten Böhm an die Sparkasse wenden, wenn sie mal einige Tage in den Ferien den Alltag in einer Filiale miterleben wollen.

Schüler können das Schweißen mit Hochstrom ausprobieren

Seit diesem Schuljahr arbeitet das Coppernicus-Gymnasium mit Jungheinrich zusammen. Die Schüler des Chemieprofils werden im größten Werk des Gabelstapler-Herstellers in Friedrichsgabe regelmäßig theoretisches Wissen aus der Physik und Chemie in der Praxis anwenden und überprüfen. Die künftigen Abiturienten wird die Frage begleiten: „Und wie funktioniert das beim Gabelstapler?“

Die Oberstufenschüler können beispielsweise in der Ausbildungswerkstatt unter Anleitung das Schweißen mit Hochstrom ausprobieren. „So wird aus der Transformatorgleichung U1/U2=I1/I2 ein Funken sprühendes und lehrreiches Erlebnis“, sagt Sebastian Plass, Lehrer und Sprecher des Norderstedter Gymnasiums. Die jungen Chemiker lernen Werkstoffe und die Möglichkeiten der Materialbearbeitung kennen. Das „Copp“ bekommt zudem einen sogenannten Demonstrator zur Verfügung gestellt, ein Mini-Gabelstapler-Modell, an dem alle wesentlichen Funktionen des Originals mittels Sensoren und Steuerelektronik nachempfunden werden können. „Wir freuen uns sehr darüber, dass uns diese Kooperation ermöglicht wurde und hoffen, dass unsere Schülerinnen und Schüler dieses attraktive Angebot erfolgreich für sich nutzen können“, sagt Plass.