21-Jähriger wird wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung und wegen Nötigung verwarnt

Norderstedt . Im Fortsetzungstermin des Prozesses um die Entführung von Michelle H., 21, aus Kaltenkirchen im Oktober des vergangenen Jahres wurden vor dem Jugendschöffengericht in Norderstedt jetzt weitere Zeugen gehört.

Wie berichtet, war Michelle H. nach eigenen Angaben mit vorgehaltener Pistole vom Vater ihres damaligen Freundes und dem Freund Maximilian S., 21, aus Bevern in den frühen Morgenstunden gezwungen worden, die beiden Männer nach Leipzig zu fahren. Die Fahrt startete in Henstedt-Ulzburg, wo die Männer auf einem Reiterhof arbeiteten und wohnten. In der Nacht zuvor hatten beide Täter reichlich getrunken. Als die Männer Michelle H. morgens weckten, waren beide Männer entsprechend alkoholisiert und tranken auf der Autofahrt weiter Wein aus Flaschen. Während der Fahrt hielt der Vater ihres Ex-Freundes ihr eine Pistole an den Kopf und drohte nach Angaben des Entführungsopfers damit, ihr in den Fuß zu schießen.

Vor dem Jugendgericht wurde Maximilian S. der Prozess gemacht, sein Vater wird in einem getrennten Verfahren vor Gericht stehen. Der Verteidiger des Angeklagten versuchte den Sachverhalt so darzustellen, dass Michelle H. freiwillig mit den Männern mitgefahren sei. Ein von ihm benannter Zeuge sagte aus, Michelle H. habe vor Fahrtantritt entspannt gelächelt. Ihrer Mutter hatte das Entführungsopfer von Leipzig aus gesimst: „Du hattest recht mit Maxi“, aber kein Wort von einer Entführung. Außerdem hätte sie doch bei den Stopps an einer Tankstelle und später an einer Raststätte flüchten können, argumentiert der Verteidiger.

Michelle H. hatte von Leipzig aus über Facebook Kontakt zu einer Arbeitskollegin aufgenommen. Diese bestätigte vor Gericht, dass Michelle H. ihr geschrieben habe: „Mein Freund hat mich entführt. Die haben eine Pistole. Ich habe Angst.“

Richterin Dörte Barbirz ist letztlich davon überzeugt, dass Michelle H. tatsächlich unfreiwillig nach Leipzig fahren musste. Gleichzeitig kristallisierte sich im Prozess heraus, dass der Angeklagte nicht die treibende Kraft bei dem Geschehen war, sondern dass er seinem Vater, den er erst im Erwachsenenalter kennenlernte, fast hörig war. „Was Papa sagt, ist Gesetz“, soll er vor Fahrtantritt zu einem Zeugen gesagt haben.

Das Gericht ging deshalb davon aus, dass der Angeklagte nur Beihilfe zu einer Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung leistete. Da das Jugendamt bei dem Angeklagten, der zurzeit ein Berufsfindungsjahr absolviert, Reifeverzögerungen feststellte, kommt er mit einer milden Strafe davon. Er wird verwarnt und muss eine Geldauflage von 500 Euro zahlen.