Die Norderstedterin Ute Oswald sucht die „Schutzengel“, die ihr nach einem schlimmen Unfall zur Seite standen

Norderstedt. Sie ging auf dem Fußweg entlang der Ulzburger Straße nach Süden. Ute Oswald zog einen „Hackenporsche“ hinter sich her. Bei einem nahen Supermarkt wollte sie Eier kaufen. „Fürs Plätzchen backen.“ Sie spürt plötzlich einen Schlag von hinten. Sie denkt noch: Wer stößt mich denn jetzt? Da findet sie sich auch schon auf dem Pflaster des Fußwegs wieder. Und sie spürt, wie sich ein Auto über sie schiebt. „Ich dachte: Dann muss ich jetzt wohl sterben, das war’s.“

Es ist ein Albtraum, den Ute Oswald am Freitag, 29. November, gegen Mittag erlebt hat. Eine Woche nach dem Unfall sitzt sie am Esstisch ihres Hauses. Die Hand kann sie zur Begrüßung nicht geben. Die Finger sind noch blau und schmerzen. Die Ellenbogen sind verpflastert. Das nach dem Unfall verletzte Bein ist bandagiert. Gehen fällt ihr noch schwer. Aber ansonsten – nichts. Zumindest nichts Körperliches. „Gebrochen habe ich mir nichts. Es ist ein Wunder.“ Als das Auto an jenem Freitag endlich zum Stehen und sie nach dem ersten Schock wieder zu Bewusstsein kam, da blickte Ute Oswald um sich, sah die Reifen des Wagens, den Unterboden und dachte. „Ich bin ja doch nicht tot.“ Sie war zwischen den Reifen des Wagens zum Liegen gekommen, nur noch ihr Kopf schaute etwas heraus.

Der Fahrer des Wagens stand völlig aufgelöst neben ihr, zog sie unter dem Auto hervor. „Schon während das geschah, dachte ich: Der Arme, das willst du als Autofahrer auch nicht erleben.“ Schließlich liegt sie blutend und verwirrt auf dem Gehweg. Und plötzlich waren sie alle da: Nicht nur der besorgte Fahrer des Wagens. „Eine Frau kam mit einer weißen, warmen Decke, damit ich nicht auskühle. Ein anderer Mann war sofort an meiner Seite und legte meinem Kopf auf einen Rucksack. Und da müssen noch mindestens zwei weitere Menschen gewesen sein, die helfen wollten“, sagt Oswald.

Selbstverständlich findet sie das nicht. „Ich würde wahrscheinlich auch so handeln. Aber die Hilfsbereitschaft der Menschen an diesem Tag hat mich schon überwältigt.“ Nach ihr ewig lang vorkommenden Minuten traf der Rettungswagen am Unfallort ein. Und genauso schnell, wie der ganze Unfall sich ereignet hatte, so schnell fand sich Ute Oswald auch im Rettungswagen auf der Fahrt zur Paracelsus-Klinik wieder. Zeit, sich nach den Namen der Helfer zu erkundigen, blieb nicht.

„Ich möchte sie jetzt einfach finden, um mich bedanken zu können“, sagt die Norderstedterin. Das gehöre sich einfach so. Es ist Ute Oswald richtig peinlich, dass sie der netten Frau die weiße Decke voll geblutet hat. „Und der Rucksack unter meinem Kopf hat doch bestimmt auch was abgekriegt.“ Gerne würde sie die Helfer zu einem Kaffee einladen und ihnen irgendwie auch etwas Gutes tun.

Was ihr dabei ganz wichtig ist: Den Unfallverursacher will sie keinesfalls an den Pranger stellen. „Die Situation für die Anwohner der Ulzburger Straße ist sehr schwierig, was die Parkplätze angeht.“ Der Mann hatte, so wie er es immer zu tun pflegte, mit seinem Auto nach hinten auf den Fußweg gesetzt, um vorwärts in Richtung Norden auf die Ulzburger Straße zu fahren. „Rückwärts auf die Ulzburger Straße auszuparken, ist bei dem Verkehr hier kaum möglich“, sagt Oswald. Sie war mit ihrem Einkaufswagen ganz rechts auf dem Fußweg unterwegs. Die Polizei habe festgestellt, dass sich Ute Oswald im toten Winkel befunden haben muss. „Der Fahrer hat mich einfach nicht gesehen. Er hat einen Fehler gemacht, von dem sich jeder Autofahrer wünscht, dass er ihm nie im Leben unterläuft.“ Die Polizei werde den Fall strafrechtlich nicht weiter verfolgen. „Das gibt vielleicht ein Bußgeld. Mehr nicht. Ich habe mir aber einen Anwalt genommen, um die zivilrechtliche Seite des Falls mit der Versicherung des Fahrers zu regeln“, sagt Ute Oswald.

Der junge Fahrer habe sie sogar samt Freundin schon zu Hause besucht. „Es tut ihm schrecklich leid.“ Aber ungeschehen könne man den Unfall nun nicht mehr machen. Gut, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist. „Ich habe bei mir zu Hause gerade so viele Engel als Weihnachtsdeko aufgehängt. Ein paar davon müssen mich am vergangenen Freitag zum Einkaufen begleitet haben“, sagt Ute Oswald, die jetzt schon wieder lachen kann.

Wenn jemand die lebendigen „Schutzengel“ kennt, die ihr am Freitag nach dem Unfall geholfen haben, oder wenn die Helfer selbst diesen Artikel lesen, dann hofft Ute Oswald auf eine Lebenszeichen unter ihrer Telefonnummer 040/5224351.