Kur-Lichtspiele in Bad Bramstedt sollen Heimatmuseum werden, doch das Geld für die Sanierung fehlt

Bad Bramstedt. Kälte und Nässe haben den roten Kinosesseln zugesetzt, aus Sicherheitsgründen hat ein Elektriker den Strom abgeschaltet. Die Heizung funktioniert nicht mehr. Ohne Taschenlampe traut sich nicht einmal der Hausherr in den Saal, in den kein einziger Lichtstrahl von draußen eindringt. Die Fenster sind mit schwarzer Folie verklebt. Hans-Jürgen Kütbach muss es öffnen, um Helligkeit hinein und schlechte Luft hinaus zu befördern.

Noch vor wenigen Jahren haben sich in dem Raum die Bramstedter getroffen, um Filme zu sehen und die einzigartige Atmosphäre eines Kinos zu erleben, das sich seit Jahrzehnten kaum verändert hat. Jetzt steht das denkmalgeschützte Gebäude am Schlüskamp leer. Hunderttausende würde eine Sanierung der Kur-Lichtspiele kosten – Geld, das die Familie Kütbach nicht aufbringen kann.

Bis auf das nagelneue WC auf dem Hof scheinen hier ganze Epochen knallroter Kino-Herrlichkeit und einst moderner Technik stehen geblieben zu sein. Das Kassenhäuschen mit seinen bunten Fenstern hat sich seit 1928 bis auf ein paar neue Anstriche gar nicht verändert. Damals feierte das Kino mit „Die Dritte von rechts“ Eröffnung. Bis zur Schließung kamen die Eintrittskarten nicht per Computer aus dem Drucker, hier gab es Abreißbillets – handgestempelt. Die Projektoren sind Baujahr 1951, als die Kinos noch betulich mit dem Spruch „Mach’ Dir ein paar schöne Stunden“ warben.

Kamen nur zwei Gäste, wurde die Kinovorstellung abgesagt

Eigentümer des Gebäudes, das einst zum 1905 eröffneten Bahnhofshotel gehörte, sind Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach und seine Frau. Bis vor drei Jahren zeigte Kütbachs Bruder Heino in dem plüschigen Saal Filme, verkaufte Tickets, Popcorn und Cola und kümmerte sich um die Vorführtechnik, die heute allenfalls noch fürs Museum taugt oder Sammlern eine Freunde bereiten könnte. Heino Kütbach schaffte es, trotz seines kleinen Budgets aktuelle Filme nach Bad Bramstedt zu holen. Für ihn reichten die Einnahmen gerade mal für einen bescheidenen Lebensunterhalt.

Um überleben zu können, musste er das spielen, was möglichst viele Menschen auf die 143 Plätze lockte. Die größten Renner der Bramstedter Kino-Geschichte waren der „Schuh des Manitu“ und „Ice Age“ mit je 100 Aufführungen. „Hier gibt es Mainstream“, sagte Kütbach im Jahr 2009. „Das sieht hier nur wie ein Programmkino aus.“ Kamen nur zwei Gäste, sagte er die Vorstellung ab und zahlte das Geld zurück. Die Stromkosten waren zu hoch. Deswegen gab es auch kein Eis für die Besucher, die Gefriertruhe belastete den Etat zu stark. „Man hätte hier kontinuierlich investieren müssen“, sagt Hans-Jürgen Kütbach im grauen Dezemberlicht, das durch das vergitterte Fenster in den Saal eindringt.

Doch das Kino gab das Geld dafür nicht her. Nur Familien und Kino-Nostalgiker besuchten die Kur-Lichtspiele, die Großvater Kütbach nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet hatte, als er aus Pommern nach Schleswig-Holstein kam. Im ehemaligen Tanzsaal des Bahnhofs, der jetzt als Wohnhaus genutzt wird, entstand das Kino. Am Anfang kam das Licht der Projektoren aus Kohlelampen, die per Hand angezündet werden mussten. „Daran kann ich mich noch erinnern“, sagt Hans-Jürgen Kütbach, Jahrgang 1959. Heute ist die Treppe zum Vorführraum mit einer Kette und dem Schild „Betreten verboten! Lebensgefahr!“ gesperrt. Die Treppe und das Podest könnten unter dem Körpergewicht eines Besuchers zusammen brechen.

Wie die Stiftung das Projekt finanzieren könnte, weiß niemand

Anfang der 90er-Jahre übernahm Heino Kütbach den Betrieb, der mit dem ehemaligen Bahnhofshotel nebenan und der Turnhalle der Grundschule ein denkmalgeschütztes Ensemble bildet.

Ideen für eine künftige Nutzung sind bislang an den enormen Sanierungskosten gescheitert. Hans-Jürgen Kütbach hat der Gildenstiftung zugesagt, das Gebäude zum Nulltarif übernehmen zu können, um dort das lange ersehnte Bramstedter Heimatmuseum einzurichten. Gleichzeitig könnte die Stiftung die technische Ausstattung für Filmvorführungen nutzen. Doch wie die Bramstedter Gildenstiftung das Projekt finanzieren könnte, weiß niemand. Bislang ist nicht einmal klar, wie hoch die Sanierungskosten ausfallen würden. Hans-Jürgen Kütbach rechnet mit einem „deutlich sechsstelligen Betrag“.

Oft werde er angesprochen, wann das kleine Kino wieder geöffnet werde, sagt Kütbach. „Das gibt mir jedes Mal einen kleinen Stich.“ Schon lange weiß er, dass die Familie dieses Kapitel ihrer Geschichte allein nicht vor dem Verfall bewahren kann. Die einzige Hoffnung: Es meldet sich bei der Stiftung oder bei Kütbachs ein Stifter, der das Kino retten möchte.