Der Verein Startschuss Hamburg richtet im Juni 2015 auf dem HSV-Gelände das Turnier für Schwule und Lesben aus

Norderstedt. Für ein Fotoshooting setzen sie sich gerne voller Selbstironie in Szene, formieren eine übertrieben kapriziös dargestellte Freistoßmauer, halten Handtaschen im Arm. Die Aktiven des Startschuss SLSV Hamburg bedienen bewusst Klischees, ohne sich dabei selbst abzuwerten. „Schwul/Lesbischer Sportverein“, dafür steht die Abkürzung des Clubs, den es seit 1990 gibt und der in zwei Jahren die Fußball-Europameisterschaft mitten in Norderstedt, auf dem Gelände des HSV-Nachwuchsleistungszentrums an der Ulzburger Straße, ausrichten wird.

Diese Nachricht macht neugierig. Die Planung befindet sich zwar in einem frühen Stadium, doch Alexander von Beyme, einer der Organisatoren, erklärt schon einmal die Idee des Turniers. „Schwul-lesbischer Sport ist noch nicht lange in diesem Umfang organisiert. Es ging in den 90er-Jahren los, aber unter anderen Vorzeichen. Die gesellschaftliche Diskriminierung war damals viel größer.“

Das hat sich durchaus verändert, wie Beispiele aus Kunst, Politik oder Musik zeigen. Der Fußball aber stellt eine negative Ausnahme dar. Sehr aufgeregt wird immer wieder darüber debattiert, wann sich ein Bundesligaprofi outen könnte, was ihm blühen würde seitens der Kollegen und der Fans.

Der Verein Startschuss ist einen anderen Weg gegangen. „Wir sind auch ein bisschen Rückzugsraum für diejenigen Spieler, die von ihren früheren Stationen etwas genervt waren und etwas zu oft auf die Nase gefallen sind. Hier guckt keiner dumm, wenn man vom Platz geht und seinem Freund einen Kuss gibt“, sagt von Beyme.

Die Fußballer nennen sich Ballboys und spielen regelmäßig internationale Turniere. Theoretisch könnten sie auch am Ligabetrieb in Hamburg teilnehmen. Von Beyme: „Darüber haben wir nachgedacht. Der Hamburger Fußball-Verband hat uns immer wieder dazu ermuntert, uns das zu überlegen.“

Es habe aber auch praktische Gründe gegeben, die dagegen gesprochen hätten. Die Ballboys möchten gerne reisen, sie sind europaweit gut vernetzt. „Wer kann schon von sich sagen, dass er als Amateurfußballer in Manchester oder Barcelona gespielt hat“, sagt Alexander von Beyme.

Dublin war in diesem Jahr Austragungsort der Europameisterschaft. Die Besonderheit hierbei: Es nahmen nur Club-Mannschaften teil, die im Weltverband IGLFA beheimatet sind. Eine schwule oder lesbische deutsche Nationalelf gibt es beispielsweise nicht.

Bei Startschuss reifte im Sommer der Gedanke, dass man die EM doch auch nach Hamburg holen könnte. „Es gibt aber kein standardisiertes Bewerbungsverfahren“, erklärt Alexander von Beyme, „wir haben vier, fünf Monate an einem Konzept gearbeitet, es dann einfach an die IGLFA geschickt.“

Die Vorgabe: Das Kontinentalturnier sollte auf einer einzigen Anlage stattfinden. Im gesamten Hamburger Raum kam hierfür nur eine Option in Frage: das Nachwuchsleistungszentrum des Hamburger SV.

Man habe zunächst Zweifel gehabt, wie der HSV überzeugt werden könne, so von Beyme. „Wir hatten uns alle möglichen Argumente zurechtgelegt. Aber wir sind offene Türen eingerannt.“ Oliver Scheel, HSV-Vorstand für Mitgliederbelange, war auf Anhieb überzeugt. Und auch ein Termin war rasch gefunden mit dem 12./13. Juni 2015. Zudem kommt der HSV finanziell entgegen und nimmt nur eine symbolische Miete.

Nun hat bereits Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz die Schirmherrschaft übernommen. Doch auch Norderstedt, eigentlich ja Gastgeber, begrüßt die EM-Vergabe. Wobei: „Wenn die Europameisterschaft schon in Norderstedt stattfindet, dann sollte der Stadtname auch in allen Hinweisen auf das Ereignis zu lesen sein“, sagt Stadtsprecher Hauke Borchardt. „Unabhängig davon freuen wir uns, dass es einmal mehr gelungen ist, eine große Sportveranstaltung in die Stadt zu holen.“