140.435 Euro hat die Stadt mit Krediten in Schweizer Franken verloren. Angeblich wurde der Kämmerer gewarnt

Bad Bramstedt. 140.435 Euro hat Bad Bramstedt mit Krediten in Schweizer Franken verloren. Doch die Pannenserie geht offenbar noch weiter, denn jetzt kommt heraus: Der Kämmerer der Stadt wurde vermutlich viel eindringlicher als bisher bekannt vor den Risiken dieser Kredite gewarnt. Das geht aus einem Newsletter des Kreditvermittlers hervor, den Bad Bramstedt nun auf Schadenersatz verklagen wird. Im über 4000 Euro teuren Gutachten, das der Stadt zu der Klage rät, ist davon aber keine Rede – weil es auf unvollständigen Unterlagen basiert.

Wie berichtet, hatte Bad Bramstedt seit Februar 2011 mehrere Kredite im Gesamtwert von fünf Millionen Euro in Schweizer Franken aufgenommen. Anschließend wurde das Geld in Euro umgetauscht und zur Deckung des Haushalts verwendet. Die Zinsen für Kredite in Schweizer Franken waren damals weitaus günstiger als für Euro-Kredite. Zum Leidwesen der Stadt gewann der Franken im Vergleich zum Euro an Stärke. Am Ende musste die Stadt aufgrund des verschlechterten Wechselkurses 5.199.338 Euro aufwenden, um die Kredite zurückzubezahlen. Im Vergleich zu einem ähnlichen Kredit in Euro mit teureren Zinsen blieb ein satter Verlust von 140.435 Euro.

Der Newsletter aus dem Monat Februar 2011 liegt nicht mehr vor

Den Vermittler der Kredite, die Bannasch AG mit Sitz in Ottobrun, wird Bad Bramstedt nun auf Schadenersatz verklagen. Begründung: Die Bannasch AG habe einseitig und unzutreffend beraten. Dem Bürgermeister, seinem Stellvertreter oder dem Kämmerer könne nichts vorgeworfen werden. So steht es in dem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten.

In seinem Gutachten zitiert Fachanwalt Michael Gottschalk aus einem Newsletter der Bannasch AG vom 14. April 2011. Der Haken dabei: Den ersten Schweizer-Franken-Kredit vermittelte die Bannasch AG der Stadt Bad Bramstedt bereits im Februar 2011 – also fast zwei Monate vorher. Im Gutachten heißt es dazu lapidar: „Der Newsletter aus dem Monat Februar 2011 liegt nicht mehr vor.“ Er sei nicht in der von der Stadt Bad Bramstedt zusammengestellten Akte zu finden.

Damit ist dem Gutachter ein – möglicherweise auch für den Prozess – wichtiges Detail entgangen. Denn in ihrem Newsletter vom 21. Februar 2011, der dem Abendblatt vorliegt, verweist die Bannasch AG mit den Worten „weiterhin hoch interessant“ auf einen Artikel in der Fachzeitschrift „Der Neue Kämmerer“. In ihm werden die Risiken eines Kredits in Schweizer Franken detailliert geschildert. Der vielsagende Titel: „Kommunen in der Frankenfalle“.

Der Artikel erschien im Oktober 2010 und ist im Internet frei zugänglich. Gleich zu Beginn heißt es darin: „Viele Kommunen haben sich in Schweizer Franken verschuldet und lange ordentlich Zinsen gespart. Doch nun drohen wegen der Euroschwäche und der Logik des politischen Geschäfts Verluste.“

Als Beispiel dienen in dem Bericht die Stadt Essen und der Landkreis Rheingau-Taunus. Beide sahen sich schon damals im Jahr 2010 drohenden Verlusten in zweistelliger Millionenhöhe gegenüber, weil sie sich mit Krediten in Schweizer Franken verspekuliert hatten. Im Artikel wird geschildert, dass der Kämmerin des Landkreises Rheingau-Taunus „Devisenspekulationen zum Schaden des Landkreises“ vorgeworfen werden – also genau das, wofür auch die verantwortlichen Personen in Bad Bramstedt nun kritisiert werden.

Der Hinweis zum Artikel mit dem Titel „Kommunen in der Frankenfalle“ befand sich nach Aussage der Bannasch AG mehr als drei Monate im zweimal wöchentlich erscheinenden Newsletter. Erst am 24. März 2011 sei er aus dem Newsletter entfernt worden.

Trotz der neuen Erkenntnisse wird Kütbach die Klage nicht zurückziehen

Ob der Newsletter vom 21. Februar 2011 in genau dieser Version an Kämmerer Jörck geschickt wurde, kann letztlich nur ein Gericht ohne Zweifel feststellen. Erich Liegsalz, Mitarbeiter – und nicht wie im Gutachten dargestellt Vorstand – der Bannasch AG, versichert aber: „Wir werden vor Gericht den Nachweis führen, dass der Newsletter, der dem Abendblatt vorliegt, am 21. Februar 2011 genau so an die Stadt Bad Bramstedt gesendet worden ist.“

Fest steht, dass Kämmerer Jörck im Anschluss an den Newsletter zum Telefon griff und die Bannasch AG um Vermittlung des ersten Schweizer-Franken-Kredits bat. Anfangs hatten die Kredite eine Laufzeit von einem Monat, später von bis zu sechs Monaten.

Trotz dieser neuen Erkenntnisse wird Bad Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach die Klage nicht zurückziehen. Aus rein rechtlicher Sicht ändere der Hinweis auf den Artikel nichts, sagt Kütbach. Er habe Fachanwalt Michael Gottschalk von dem verschwundenen Newsletter berichtet. Dieser komme aber zu keinem anderen Ergebnis, sodass die Klageschrift jetzt fertiggestellt wird. Die Argumentation des Bürgermeisters: Hingewiesen werde mit den genannten Beispielen Essen und Rheingau-Taunus lediglich auf die enormen Risiken von langfristigen Krediten in Schweizer Franken. Diese seien durch Warnhinweise des Innenministeriums allgemein bekannt gewesen. Das Risiko kurzfristiger Schweizer-Franken-Kredite, wie sie Bad Bramstedt abschloss, habe damals niemand gekannt.

Die Schweizer-Franken-Kredite waren nicht die ersten Kredite, die die Bannasch AG der Stadt Bad Bramstedt vermittelt hat. Es habe lange Jahre ein Vertrauensverhältnis bestanden, so Bürgermeister Kütbach. Im Handelsregister des Amtsgerichts München ist der Geschäftsbereich der Bannasch AG mit Vermittlung von Geld und Darlehen, darunter Festgelder, Kredite und Wechselkredite angegeben. Laut eigener Website informiert die Bannasch AG ihre Kunden außerdem regelmäßig über die aktuellen Geldmarktkonditionen in ihrem Newsletter und im firmeneigenen Angebotsportal.

Es geht auch um die Frage, ob die Bannasch AG überhaupt beraten hat

Vor Gericht wird es auch um die Frage gehen, ob die Bannasch AG überhaupt beraten hat. Das Unternehmen bestreitet das. Zu klären ist auch, warum sich der Newsletter mit dem Hinweis auf den Artikel „Kommunen in der Frankenfalle“ nicht in den Akten der Stadt Bad Bramstedt befindet. Laut Bannasch AG bat Kämmerer Jörck am 15. November 2012 darum, ihm die zwei alten Newsletter vom 14. April und 1. August 2011 per E-Mail zu schicken. Kämmerer Jörck könne sich an einen Kontakt wegen der Newsletter erinnern, wisse jedoch nicht mehr, wann und aus welchem Anlass er angefragt habe, teilt Bürgermeister Kütbach mit. Wichtig sind diese beiden Newsletter aus rechtlicher Sicht, weil auf sie jeweils eine Verlängerung der Kredite durch Kämmerer Jörck folgte.

Dafür mindestens ebenso wichtig gewesen wäre der Newsletter vom 21. Februar 2011 – er führte zum ersten Schweizer-Franken-Kredit. Laut Bannasch AG hat Gerhard Jörck ausgerechnet nach diesem Newsletter nie gefragt. Zu der Sache äußern möchte sich Kämmerer Jörck nicht. Bürgermeister Kütbach hingegen räumt ein: „Sollte es den Newsletter vom 21. Februar 2011 tatsächlich in dieser Form gegeben haben, sähe es auf den ersten Blick natürlich komisch aus, dass ausgerechnet dieser Newsletter mit dem Hinweis auf den Artikel fehlt.“