Den Kampf gegen den Abbau von Öl und Gas in Schleswig-Holstein wollen die Piraten juristisch führen

Kreis Segeberg. Die Piraten im Kieler Landtag hatten sich schon gefreut, endlich den Hebel gefunden zu haben, mit dem sich die Öl- und Gasindustrie und deren Pläne für den Abbau von Kohlenwasserstoffen in Schleswig-Holstein aushebeln lassen.

Doch was die Piraten als einen „Riesenerfolg für unseren Kampf gegen das wasser- und gesundheitsgefährdende Fracking“ werteten, ordnete Umweltminister Robert Habeck als „Schlupflochdiskussion um Behördenstrukturen“ ein. Und am Ende bleibt wohl alles beim Alten: Fracking bleibt nicht unmöglich – auch nicht im Erlaubnisfeld Bramstedt im Kreis Segeberg.

Doch der Reihe nach: Die Piraten hatten den wissenschaftlichen Dienst des Landtags für ein Rechtsgutachten über die Vergabe der „Erlaubnisse und Bewilligungen zur Suche nach und Förderung von Erdöl und Erdgas in Schleswig-Holstein“ bemüht. Die Juristen kamen zu einem Ergebnis, das die Piraten feiern ließ: Weil die ursprünglich für Schleswig-Holstein zuständige Genehmigungsbehörde, das Bergbauamt in Clausthal-Zellerfeld, im niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) formaljuristisch nicht ordnungsgemäß aufgegangen war, seien alle vom LBEG ausgestellten Bewilligungen und Erlaubnisse rechtlich angreifbar.

Die Piraten Angelika Beer und Patrick Breyer bezeichneten das LBEG in Hannover als „bürgerfeindlich, intransparent und industrienah“ und forderten die Landesregierung auf, künftig selbst über die Ressourcen und ihre Ausbeutung zu entscheiden. Das Bergrecht sollte nach Schleswig-Holstein zurückgeholt werden.

Tief unter Bad Bramstedt liegen die lukrativen Leichtöl-Vorkommen

Minister Robert Habeck stellte klar, dass alle Bescheide der LBEG rechtskräftig seien und blieben. „Fracking müsse politisch und nicht verwaltungstechnisch attackiert werden.“ Eine Änderung des Bundesbergbaurechtes sei dazu nötig. „Die Initiative haben wir vor Monaten ergriffen – bisher ohne eine Mehrheit im Bundesrat zu finden. Da liegt der Hase im Pfeffer. Für Schleswig-Holstein werden wir über die Aufstellung von Zielen im Landesentwicklungsplan Fracking für drei Jahre aus eigener Kraft verhindern.“ Die Stadt Bad Bramstedt liegt mitten im 657 Quadratkilometer großen Erlaubnisfeld Bramstedt. Diesen Claim für Öl und Gas hat sich die kanadische Firma PRD Energy gesichert. Laut eigenem Bekunden wollen die Kanadier zwei stillgelegte Ölfelder in dem Gebiet wieder in Produktion setzen. Diese waren zwischen den Jahren 1952 und 1988 in Betrieb. Im 1700 bis 2000 Meter tief unter Bad Bramstedt liegenden Jura-Gestein werden lukrative Leichtöl-Vorkommen vermutet, außerdem sollen neue „geologische Leads für Kohlenwasserstoffvorkommen“ untersucht werden.

Hans-Jürgen Kütbach, der Bürgermeister von Bad Bramstedt, hat wie alle Bramstedter größte Bedenken gegen die Öl- und Gasförderung in und um seine Stadt. Insbesondere, wenn dabei die umstrittene Fracking-Methode eingesetzt würde, bei der man ein Gemisch aus Wasser, Keramik, Guarkernmehl, Bioziden und Korrosionsschutzmitteln in Gesteinsschichten presst, um schwer zugängliche Gas- und Ölvorkommen frei zu setzen.

Aussichtslose Klagen als Zeichen gegen die Fracking-Methode?

Kütbach und die Stadt könnten sich nun auf das Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages beziehen und gegen die Aufsuchungserlaubnis für PRD Energy klagen. „Doch ich bin Jurist und weiß, wie aussichtslos das ist“, sagt Kütbach. Am Ende stünde nicht mehr als ein weiteres symbolisches Zeichen gegen mögliches Fracking – so wie sie Bramstedt in Form von gemeinsamen Resolutionen mit anderen Kommunen bereits gesetzt habe. Kütbach setzt seine Hoffnung in die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD in Berlin und eine Änderung des Bundesbergbaurechts. „Wir brauchen mehr Beteiligung der Länder, Städte und Gemeinden, wenn es um die Genehmigung von Öl- und Gasfeldern geht“, sagt Kütbach.

Tatsächlich hat die Koalitionsarbeitsgruppe Energie in Berlin empfohlen, auf Fracking zu verzichten, ehe nicht wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewerten und ausschließen können. Gänzlich verboten werden soll der Einsatz von giftigen Chemikalien. Außerdem soll die Frage der Entsorgung und Endlagerung von belastetem Bohrwasser geklärt werden.