Frank Inselmann will die HSV-Gaststätte „Anno 1887“ in eine neue Zukunft führen

Norderstedt. Vielleicht ist das mit dem „Anno 1887“ ja ein wenig so wie mit dem Verein. Die Ansprüche sind hoch, aber in der Realität werden sie nicht eingelöst. Der Sportverein versucht es mit einem Trainerwechsel. Das „Anno 1887“, die schöne, nagelneue Vereinsgastronomie auf dem HSV-Internatsgelände am Ochsenzoll, nun mit einem Pächter- und Kochwechsel.

Der Norderstedter Peter Hallwachs und der mit Euro-Toques-Sternen ausgezeichnete Koch Frank Inselmann versuchen gemeinsam, das „Anno 1887“ vor dem Abstieg zu bewahren, es zunächst ins gastronomisch gesicherte Mittelfeld zu bringen, den Blick dabei aber immer an die Spitze der beliebtesten Lokale der Stadt gerichtet.

Zuvor hatten der HSV und der erste Wirt, Christoph Sens, den Abwärtstrend am Ochsenzoll nicht stoppen können. In den ersten 14 Monaten des Bestehens des Lokales gelang es Sens nicht, mit seinem Konzept der gehobenen italienischen Küche mit Pfiff die Gäste an das „Anno“ zu binden. Schließlich galt das Verhältnis zwischen Wirt, Verein und HSV als zerrüttet, und der Pachtvertrag wurde gelöst. Oliver Scheel, HSV-Vorstand, sprach von „elementaren Vertragsbestandteilen“, die Sens nicht eingehalten habe. Sens hatte eine ganz andere Sicht der Dinge, hielt sich aber bedeckt und ging.

Jetzt also steht Frank Inselmann im von der Herbstsonne durchfluteten Gastraum des „Anno 1887“ und deckt einen Tisch mit aufgefächerten Servietten, Wein- und Wassergläsern, hübschem Besteck und großen Tellern ein. Die Servietten mit HSV-Raute und die Teelichter darauf hat er vorher schnell entfernt. „Ich will diesen Vereinshaus-Stil hier ganz raus haben“, sagt der Koch, während über ihm die überlebensgroße HSV-Raute auf blauem Grund an der Wand prangt und im Fenster des Lokals eine Rauten-Fahne hängt. Bitte nicht falsch verstehen: Inselmann trägt die Raute im Herzen, aber so was von. Er ist ein „Rauten-Rabauke“, steht, wann immer er kann, mit dem Fan-Club in der Nord-Kurve und nimmt es ganz genau mit der Fan-Ehre. Aber er ist eben auch ein Gastronom, Spitzenkoch und Geschäftsmann. Und als solcher weiß er, dass er das „Anno 1887“ nur zum Laufen kriegt, wenn er die Tür möglichst weit öffnet für die solvente Klientel. Und der will er Atmosphäre bieten.

„Eingedeckte Tische verbreiten Gemütlichkeit. Und außerdem möchte ich hier überall frische Blumen haben. Die Leute sollen sich hier gleich wohlfühlen“, sagt Inselmann. Beim gastronomischen Konzept hält es Inselmann einfach. „Bodenständig, Essen wie bei Muttern.“ Zwischen 11.30 und 14.30 Uhr will er einen Mittagstisch etablieren, wie es ihn aus seiner Sicht in Norderstedt noch nicht gibt. Für 8,50 Euro sollen die Leute zwischen Stamm-Gerichten wie Rinderleber, Labskaus, Pannfisch und anderen Klassikern wählen können, dazu kommen saisonale Gerichte wie Spargel, und im Preis inklusive ist ein Salat- und Dessertbüfett.

Abends wandelt sich das „Anno 1887“ dann zur Sportsbar. Inselmann will Burger anbieten, die sich die Gäste individuell zusammenstellen können. Rind, Huhn, Kasseler oder vegetarisch, dazu Toppings nach Belieben. „Ich werde außerdem Spareribs anbieten, selbst eingelegt, und hausgemachte Curry-Wurst, eine mild und eine mit Pfeffer drin, die mal so richtig scharf ist.“

Grundprinzip bei Inselmann ist: Nur so viel Convenience-Food wie nötig, so viel Selbstgemachtes wie möglich. Die Frikadelle ist nicht aus der Fabrik, sondern eine Eigenkreation. Das Stracciatella-Mousse im Dessertbüfett nicht mit Milch zusammengerührtes Fertig-Pulver, sondern mit frischen Zutaten selbst angefertigt. Und zum Cappuccino gibt es nicht den obligatorischen Fertig-Keks, sondern die von Inselmann hausgemachte Praline.

Für Inselmann ist das „Anno 1887“ ein Neustart ins Berufsleben. Im Hotel Gorch Fock in Timmendorfer Strand erkochte sich Inselmann Euro-Toques-Sterne. „Ich wurde immer erfolgreicher, es ging immer weiter nach oben, ich arbeitete immer mehr. Ich schrieb Kochbücher, unter Trainer Rudi Völler habe ich für die Nationalmannschaft bekocht.“ Und dann, vor vier Jahren – Burn-out. „Da musste ich mich fragen, wo ich stehe im Leben, was wirklich wichtig ist.“ Er entschied, dass Familie und Freunde vorgehen. „Aber einmal Koch, immer Koch“, sagt Inselmann. Irgendwann lernte er Peter Hallwachs kennen, und der brachte ihn nach Norderstedt. „Ich sehe viel Potenzial im ,Anno 1887’, deswegen freue ich mich auf die Herausforderung.“

Los geht es im neuen „Anno 1887“ am Sonntag, 24. November. Um 11 Uhr beginnt der Eröffnungstag. „Da bieten wir für alle Norderstedter Bier, Würstchen und weiteres für je einen Euro“, sagt Inselmann. Außerdem werden die Shanty Lords singen, und es wird eine Tombola zugunsten der HSV-Amateursportabteilungen geben. Erster Preis: Ein HSV-Trikot mit den Unterschriften der Mannschaft und VIP-Tickets für die Partie HSV gegen den 1. FC Nürnberg. Zum Höhepunkt des Tages soll der fest eingeplante Derby-Sieg gegen Hannover 96 von 15.30 Uhr an werden. Im Sinne eines guten Starts für Frank Inselmann im „Anno 1887“ bleibt nur zu hoffen, dass Van der Vaart und Co sich zusammenreißen und abliefern.