Es war ein geselliger Abend, den Andreas D., 52, zusammen mit zwei Frauen vor gut einem Jahr in seiner Wohnung verbrachte.

Norderstedt. Gestört wurde die Harmonie jedoch von wiederholten Anrufen des Ehemannes von Britta H., 53, von dem sie getrennt lebt. Der in Tangstedt lebende Holger J. beleidigte die Anwesenden, wirkte stark angetrunken und kündigte schließlich an, er werde jetzt kommen.

Andrea W., 50, alarmierte daraufhin die Polizei und wies auf die bevorstehende Trunkenheitsfahrt hin. Womit die Frau nicht rechnete, war die Anklage wegen falscher Verdächtigung, die ihr einige Monate später ins Haus flatterte. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass der betrunkene Holger J. beim Eintreffen der Polizei friedlich auf seinem Sofa saß und keineswegs vorhatte, mit dem Auto zu fahren.

Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass die Angeklagte bewusst falsche Angaben gegenüber der Polizei gemacht hatte und damit den unnötigen Polizeieinsatz ausgelöst hatte. Durch die Akten geistert das Wort „Racheakt“, da die Angeklagte, wie sie freimütig zugibt, den von ihr Angezeigten nie ausstehen konnte.

Vor dem Amtsgericht in Norderstedt empört sich die Andrea W., die sich völlig zu Unrecht beschuldigt sieht: J. sei ständig betrunken gewesen und habe deutlich verkündet, er werde jetzt losfahren. Andreas D. bestätigt diese Aussage, das Telefon sei nämlich „auf laut" gestellt gewesen, so der Zeuge.

Der Tangstedter Polizist Helge T., 53, berichtet von seinem Einsatz in jener Novembernacht. Holger J. war dem Ordnungshüter als Alkoholiker bekannt, und dass er ein Auto besaß, wusste der Polizist ebenfalls. Das Fahrzeug stand vor dem Haus, und Holger J. war zwar stark angetrunken, habe aber absolut nicht den Eindruck gemacht, als wolle er an diesem Abend das Haus noch einmal verlassen.

Tatsächlich wurde Holger J. dann zwei Monate nach dieser Nacht wegen einer Trunkenheitsfahrt seinen Führerschein los. So unwahrscheinlich wäre es also nicht gewesen, dass der Alkoholiker die angekündigte Autofahrt, betrunken wie er war, in die Tat umgesetzt hätte. Die Norderstedter Amtsrichterin Katrin Thron geht daher davon aus, dass die Angeklagte mit ihrem Anruf bei der Polizei richtig handelte und spricht die Angeklagte frei.