Horst Völksen beklagt die Umstände seiner Verabschiedung. Die Gemeinde Tangstedt verweist auf rechtliche Zwänge

Tangstedt. Horst Völksen hatte seine Traum-Beschäftigung gefunden, aus dem Hobby war ein Beruf geworden, die meterlangen Regale im Untergeschoss des Rathauses von Tangstedt mit mehreren Dutzend Leitz-Ordnern waren seine Welt. Die kleinen und manchmal auch größeren Geschichten aus dem Ort zum Vorschein bringen, sammeln und weitererzählen, nichts anderes wollte Völksen jeden Tag. Doch der Gemeindearchivar darf nicht mehr. Es ist ein Abschied, den er nicht akzeptieren möchte.

„Abserviert“, dieses Wort benutzt Horst Völksen und beschreibt damit seine subjektive Empfindung, wie im Rathaus mit ihm verfahren wurde. Denn rein formal ist auch Horst Völksen Vergangenheit. Gegen seinen Willen. Unvermeidbar, wie es Tangstedts Bürgermeister Holger Criwitz erklärt. Herzlos, wie Völksen fühlt. „Es macht mir seelisch schwer zu schaffen.“

Über 20 Jahre hatte der Chronist in Diensten der Gemeinde gestanden, erst auf dem Betriebshof, seit 2004 im Archiv, es bestand folglich ein klassischer Arbeitsvertrag im öffentlichen Dienst. Länger als bis zu seinem 65. Lebensjahr durfte Horst Völksen somit nicht für Tangstedt arbeiten, so ist die gesetzliche Lage. Nur: An irgendeinem Punkt ist in den letzten Monaten offenbar ein kommunikatives Missverständnis entstanden. „Es ist sehr plötzlich gekommen. Noch Anfang 2013 hatte ich mit dem damaligen Bürgermeister Hans-Detlef Taube gesprochen. Er versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsse“, erinnert sich Völksen.

Im Sommer, mittlerweile war Holger Criwitz neuer Bürgermeister, sah die Realität jedoch komplett anders aus. „Am 14. Juli hatte ich meinen 65. Geburtstag“, so Völksen. „Zwei Tage später wurde mir eröffnet: Ende des Monats ist Schluss. Sie sind jetzt 65 Jahre alt, hier ist der Blumenstrauß.“

Aus Sicht von Horst Völksen, der unter anderem 2010 das Sammelwerk „Tangstedter Histörchen“ veröffentlicht hatte, hätte man eine Möglichkeit finden können für seine Weiterbeschäftigung. „Ich würde gerne weiter im Archiv arbeiten. Es war mir eine Herzensangelegenheit. Und ich meine, dass ich mich verdient gemacht habe. Schließlich ist mir nichts entgangen – von den Fußballspielen des WSV Tangstedt bis hin zu großen Beiträgen über die Gemeindepolitik. Deswegen sind immer Mandatsträger und Vereine zu mir gekommen.“

Das bestreitet Bürgermeister Criwitz nicht. Der SPD-Politiker verweist jedoch einerseits darauf, dass er lediglich eine Entscheidung umgesetzt habe, die bereits sein FDP-Vorgänger Hans-Detlef Taube eingeleitet hatte. Eine weitere vertragliche Beschäftigung war zudem aus kommunalrechtlichen Gründen schlicht nicht möglich, so Criwitz. Auch auf Honorarbasis hätte Horst Völksen seinen Job nicht fortführen können. „Es gab rechtliche Zwänge“, sagt der Bürgermeister. Er hätte seine Amtszeit gerne mit einer anderen Personalie begonnen, betont er.

Derzeit ist der Posten vakant, er soll möglichst bald über das Amt Itzstedt als Minijob, also als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit einer Bezahlung von 450 Euro pro Monat, ausgeschrieben werden. Wichtigste Aufgabe eines neuen Archivars wäre dann die von der Gemeinde gewünschte Digitalisierung, wodurch die Systematik besser werden soll. Dass Horst Völksen diese technische Umstrukturierung skeptisch sieht, daraus macht er übrigens keinen Hehl. „Man muss die Geschichte eines Ortes verinnerlichen, Zusammenhänge erkennen, ältere Mitbürger befragen und deren Aussagen mit Fakten aus dem Archiv vergleichen.“

Die alte Arbeitsweise im Archiv hat allerdings ausgedient. Holger Criwitz: „Wir benötigen Personal, das mit der Digitalisierung umgehen kann. Nicht nur der Pressespiegel, sondern auch das historische Archiv müssen weiter gepflegt werden.“