Eine Glosse von Manfred Scholz

Der November hat ein furchtbares Image. Kein Monat ist unbeliebter. In diesen Tagen beweist er wieder einmal seinen miesen Ruf. Frühmorgens verkünden die Wetterpropheten 90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit und Tag für Tag legt sich eine graue Wolkendecke aufs Gemüt. Draußen ist es glitschig und nass. Radfahren wäre jetzt tollkühn. Ein Fluchtreflex meldet sich: Nur ganz schnell weg! Blauer Himmel, warmer Sand, leckere Cocktails: Hach, man wird ja wohl mal träumen dürfen! Nur raus aus dem norddeutschen Horrorwetter!

Keiner geht bei dieser Außenwelt freiwillig vor die Haustür. Selbst die muntersten Vierbeiner zieht es beim Gassi gehen blitzschnell wieder zurück. Auch der Bildschirm bleibt jetzt seltener dunkel: In keinem Monat des Fernsehjahres wird so viel Programmware konsumiert. Im elften Monat des Jahres stehen Volkstrauertag, Buß- und Bettag und der Totensonntag im Terminkalender. Es ist zum Heulen!

Es gab einen tollen Sommer, einen milden langen Herbst – und jetzt haben wir November. Das Un-Wetter schlägt aufs Gemüt, macht antriebslos und sehr sehr müüüde. Nie wird so oft gegähnt wie in diesem miesepetrigen Monat. Kurz gefasst: Wir haben den Novemberblues.

Alles stöhnt, jeder leidet? O nein! Es gibt eine Minderheit, die den November liebt. Diese Menschen zünden Kerzen und jede Menge Teelichter an und mögen die morgendlichen Nebelschwaden. Und sie sagen: „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung“. Lasst sie reden! Der düstere November hat 30 Tage – und die gehen auch vorbei. Sie dauern bloß viel länger als sonst.