Es ist soweit: Am Knotenpunkt Ochsenzoll, einer der meistbefahrenen Kreuzungen des Landes, drehen sich an die 40.000 Fahrzeuge pro Tag im Kreis.

Nach vier Jahrzehnten Planung und vier Jahren Bauzeit wurde das auch höchste Zeit, sonst wäre am Ende die Elbphilharmonie doch noch eher fertig geworden. Allerdings hätten die im Ochsenzoller Kreisel verbauten 15 Millionen Euro im Falle des hanseatischen Opernpalastes vermutlich kaum für den Aushub des Orchestergrabens gereicht. Dafür bieten Verkehrskreisel volksnahen Unterhaltungswert, wohingegen nicht gerade jeder von der Oper schwärmt.

Speziell brandneu eröffnete Verkehrskreisel eignen sich hervorragend dazu, den neunmalklugen Ansagern in unseren allgegenwärtig gewordenen Navigationsgeräten Demut zu lehren („An der nächsten Kreuzung links abbiegen“ – nein, du Spacken, hier geht’s erst mal ab in den Kreisverkehr und dann die dritte Möglichkeit rechts, harhar!), wenigstens bis zum nächsten Update. Und selbst nach der virtuellen Frischzellenkur sieht der nervige Navi-Geist alsbald wieder alt aus, weil die neuen Kreisel schneller nachwachsen als alle Updates. Da fühlt man sich als Fahrer endlich wieder als Herr in der rollenden Blechhütte.

Wer seine Abzweigung verpasst, dem droht eine Strafrunde

Wer seine gewünschte Abzweigung nicht auf Anhieb entdeckt, dem droht eine Strafrunde. Das ist wie beim Biathlon nach dem Fehlschuss – liegend oder stehend – und ist sportlich zu nehmen. Als Trost bleibt dem Wiederholungstäter genug Zeit, die mehr oder weniger fantasievolle Gestaltung des Kreiselzentrums zu besichtigen und darüber zu spekulieren, ob Kreiseldesigner eigentlich ein Lehrberuf ist oder ob man dafür einen Bachelor-Abschluss benötigt. Auf jeden Fall stellen die Verkehrskreisel eine eigene Kunstform dar, die in ihrer floralen Ornamentik und aufgrund ihrer mannigfaltigen Dekoration mit kryptischen Kunstwerken unbedingt in entsprechenden Publikationen von Experten zu interpretieren und zu huldigen wäre – diese Fachleute sollten dann allerdings wenigstens einen Master-Abschluss vorweisen können.

Rentner dürfen ihr Fahrzeug mit leerem Tank austrudeln lassen

Ansonsten zwingt der Kreisverkehr erfolgreich zum rücksichtsvollen Miteinander aller Kraftfahrer – und alle geben ihr Bestes. Während Formel-1-Fanatiker auf der Suche nach der Ideallinie ihre getunten Boliden in Bestzeit gnadenlos auf den Außenrädern durch die Schikane prügeln, dürfen demente Rentner ihr Fahrzeug nach 2000 Kreiselumrundungen gefahrlos mit leerem Tank austrudeln lassen.