Die Auseinandersetzungen um den Tierschutz im Kreis Segeberg werden jetzt im Internet geführt

Henstedt-Ulzburg. Der Streit um den den Tierschutz im westlichen Teil des Kreises Segeberg nimmt absurde Formen an. Gestern sollte der Tierschutzverein Westerwohl das Tierheim am Kirchweg in Henstedt-Ulzburg räumen. Gegen die Kündigung, ausgesprochen vom Zweckverband Fundtiere Segeberg-West, wurde vom Vorstand Widerspruch eingelegt. Wie es im Tierschutz weiter geht, weiß zurzeit niemand. Weiter gehen indessen die gegenseitigen Beschimpfungen – im Internet offen einsehbar für jeden.

Anfang der Woche machte der neue Verbandsvorsteher, Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause, ernst: Er schickte dem Vorstand des Tierschutzvereins die Kündigung – und zwar eine fristlose. Im Auftrag des Zweckverbands Fundtiere Segeberg-West, dem die Städte Norderstedt und Kaltenkirchen, die Gemeinden Henstedt-Ulzburg und Ellerau sowie die Ämter Kisdorf und Kaltenkirchen-Land angehören, betreibt der in die Kritik geratene Verein das Tierheim auf Henstedt-Ulzburger Grund und Boden. Die untergebrachten Tiere sollen jedoch in jedem Falle im Tierheim bleiben, für eine professionelle Betreuung will der Zweckverband sorgen.

Vereinsvorsitzende Sylvia Rückert und ihr Stellvertreter Timo Haupt, die beide auch Leiterin und stellvertretender Leiter des Tierheims im Hauptberuf sind, akzeptieren diese Kündigung jedoch nicht. Sie sprechen von „Amtsanmaßung“ und haben den Göttinger Rechtsanwalt Konstantin Leondarakis eingeschaltet, der sich als Fachanwalt für verschiedene Tierschutzorganisationen einen Namen gemacht hat. Der hat der fristlosen Kündigung inzwischen widersprochen. Bis Freitag waren die beiden Leiter des Tierheimes im Amt – und sie gehen davon aus, dass sie es auch weiter bleiben. Allerdings verweisen sie auch auf einen Vorstandsbeschluss des Tierschutzvereins, der den Rücktritt des Vorstandes unter bestimmten Bedingungen beinhaltet: So soll von den jetzt eingestellten Mitarbeitern keiner entlassen werden – es sei denn, es liegen dienstliche Verfehlungen vor –, die entlassenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nicht wieder eingestellt und nicht in den Vorstand des Vereins gewählt werden. Ob sich der Zweckverband auf diese Bedingungen jemals einlassen wird, ist zweifelhaft.

Aus Sicht von Hanno Krause ist die Situation eindeutig: Der Verein Tierschutz Westerwohld darf sich nicht länger um die Fundtiere kümmern und muss das Gebäude räumen. Tatsächlich aber ist die Situation mehr als verworren. Für Außenstehende ist es schwer, die Lage einzuschätzen. Timo Haupt hat unter dem Titel „Neues von Hanno“ eine Facebook-Seite eingerichtet, auf der er den Kaltenkirchener Bürgermeister und Zweckverbandsvorsteher angreift und mit Häme überzieht („King Krause“). Das ist ebenso wenig erhellend wie eine Internetseite, die von der Gegenseite verwaltet wird (interessengemeinschaft-tierschutz.de). Die sieben entlassenen Mitarbeiter kritisieren darin Sylvia Rückert und Timo Haupt. Die dargestellten Presseartikel und Leserbriefe sind einseitig: Es wurden nur diejenigen eingestellt, in denen der Vorstand und die Vereinsleitung nicht zu Wort kommen. In einer davon unabhängigen Presseerklärung stellen drei ehemalige Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter – Kristin Jansen, Katja Vogel, Steffanie Reimer-Diesbrock und Hendrick Pulsfort – fest: „Wir können beweisen, was wir behaupten. Egal, womit Frau Rückert und ihr Vorstand uns noch bewerfen, wir bleiben stark und kämpfen für die Tiere.“

Inzwischen haben Sylvia Rückert und Timo Haupt neue Mitarbeiter eingestellt, darunter eine promovierte Tierärztin, die seit dem 15. August an vier Tagen in der Woche im Tierheim tätig ist. Seit dem 1. September arbeitet Tierpflegerin Steffi Wichmann im Heim. Sie ist nach eigenen Angaben „sehr gerne“ dort: „Den Tieren geht es gut, die Hunde sind hier mehr draußen, als in anderen Tierheimen.“

In der Kritik steht Timo Haupt wegen der von ihm geführten Titel „Professor“ und „Dr. der Tierpsychologie“. Nach seinen Angaben hat an der Karl-Franzens-Universität Graz promoviert. Als Beweis legte er dem Hamburger Abendblatt eine Promotionsurkunde vor. Allerdings: Zumindest aktuell gibt es an dieser Uni keinen Lehrstuhl für Tierpsychologie. Vom Amtsgericht Meldorf wurde Haupt per Strafbefehl zu 200 Euro Geldstrafe wegen unrechtmäßigen Führens des akademischen Titels in der Vergangenheit verurteilt. Haupt hat Einspruch eingelegt.