Fahrradfahrer kritisieren fehlende Radwege am Knoten Ochsenzoll. Sie fordern Tempo 30 und drohen mit Klage

Norderstedt. Aus Sicht der Radfahrer ist der gerade fertig gestellte Kreisverkehr am Knoten Ochsenzoll eine glatte Fehlplanung. „Entgegen der Zusage des Bauamtes vom August 2008 wurden auf dem Kreisel keine Radwege gebaut. Und die Radwege an den Zufahrten enden an Zebrastreifen ohne Radfurten“, sagt Rolf Jungbluth vom Ortsverein des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC).

Die Norderstedter baten den Verkehrsexperten ihres Bundesverbandes, Thomas Kirchhammer, sich die Situation am Knoten mal anzuschauen. Und der sagt nach der Prüfung, dass die Gestaltung des Kreisels allen ihm bekannten Vorgaben, Richtlinien und der Straßenverkehrsordnung widerspreche. „Der komplette Kreisel müsste nach den Richtlinien umgebaut werden. Hier könnte man wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung aus dem Landes-Straßengesetz verkehrssicher und richtliniengerecht zu bauen, einen Umbau einklagen“, sagt Kirchhammer. Weiter fordert der Experte, dass sofort eine „Notlösung zur Sicherung des Radverkehrs“ eingerichtet werden müsse. „Das Erste wäre, den Kreisel so abzusperren, dass er nur noch einen Fahrstreifen aufweist. Dann könnten die Radfahrer im Kreisel mitfahren.“

Rolf Jungbluth, der sich bereits mit einer Anfrage an die Stadtvertretung und an den Oberbürgermeister gewandt hat, fordert den Bau eines kreisrunden Radweges um den Kreisel. „Das ist ohne Weiteres zwischen Zebrastreifen und Fahrbahn möglich, die Flächen sind vorhanden.“ Da die Radfahrer in Ermangelung einer Radverkehrsanlage auf dem Kreisel laut Straßenverkehrsordnung sowohl im Kreisel als auch im Tunnel fahren dürfen, müsse es „Sofort-Maßnahmen“ geben, damit dies nicht lebensgefährlich für die Radler werde, so Jungbluth. Es müsse Tempo-30 rund um den Kreisel gelten, und die Fahrbahn im Kreisel müsse durch Markierungen auf eine Fahrspur reduziert werden. „Die Straßenverkehrsordnung lässt es nicht zu, dass Radfahrer dazu gezwungen werden, ihre Räder über Zebrastreifen zu schieben. Wie für Autofahrer muss auch für Radfahrer die Fahrstrecke gesichert sein“, sagt Jungbluth.

Wenn die Stadt nicht reagiert, will der ADFC auch eine Klage prüfen

Grundsätzlich habe der ADFC allen Grund, sich bei der Stadt zu bedanken für sehr viele Verbesserungen im Radverkehr. „Norderstedt entwickelt sich zum Vorzeige-Modell im Radverkehr. Der Ochsenzoll-Kreisel ist aber ein schwerer Rückschlag und Image-Schaden für die Stadt“, sagt Jungbluth. „Die Stadt muss schnell handeln, da der Kreisel in deutschen Radfahrer-Kreisen hohe Aufmerksamkeit erregt. Tut sie das nicht, bliebe uns nichts anderes übrig, als den Klageweg einzuschlagen.“

Die Stadt prüft derzeit die Einwände des ADFC. Stadtsprecher Hauke Borchardt zeigt sich in einer ersten Reaktion jedoch verwundert über den Zeitpunkt der Einwände: „Die Konzeption des Kreisels wurde über Monate politisch und mit den Bürgern diskutiert. Die jetzige Form des Kreisels und der Radverkehrsanlagen ist für jedermann einsehbar im Planfeststellungsbeschluss für den Knoten so vorgesehen worden.“ Letztlich sei aus jeder Wegebeziehung eine Querung des Kreisels möglich. „Die Nord-Süd-Querung durch den Tunnel, die an einem Fahrstuhl für die Radfahrer endet, würden wir uns auch anders wünschen“, sagt Borchardt. Der Bau einer Rampe sei hier verhindert worden, weil das dafür nötige Privatgrundstück nicht erworben werden konnte – es ist der Stadt schlicht zu teuer. „In Zukunft ist das vielleicht noch möglich.“ Eine Nutzung der Fahrbahnen des Kreisels für Radfahrer sei aufgrund des Verkehrs mit 40.000 Autos pro Tag zu gefährlich. In einem Kreisverkehr mit Bypässen sei der Bau von Radwegen kaum machbar. Tempo 30 und Fahrradwege würden außerdem die Leistungsfähigkeit des Knotens für den fließenden Verkehr zu stark beeinträchtigen.

In der Kommunalpolitik schlägt das Thema bereits Wellen. „Mit der Nummer kommen wir direkt wieder ins Schwarzbuch für Steuerverschwendung!“, sagt Miro Berbig, Fraktionsvorsitzender der Norderstedter Linken. „300 Meter Tunnel und ein Riesen-Kreisel für 15 Millionen Euro und dann keine Radwege. Unglaublich!“ Er unterstützt die Forderung des ADFC nach Tempo 30 und dem Umbau des Kreisels. „Im Rathaus fehlt es an der notwendigen Kompetenz für den Radwegebau“, sagt Berbig. Den Vorwurf, Politik und Radfahrer hätten beizeiten Einfluss auf die Planung nehmen können, lässt Berbig nicht gelten: „Sollen wir künftig bei Hochbauten die Statik nachrechnen? Zumindest die Einhaltung gesetzlicher Standards wird man bei Verkehrsplanern wohl voraussetzen dürfen.“

„Kreisel-Versteher“ Jungbluth gibt Nachhilfe in Verkehrsregeln

Katrin Schmieder von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt den ADFC ebenfalls in seinen Forderungen. „Ich denke, dass es in der Norderstedter Kommunalpolitik auch durchaus eine Mehrheit für den nachträglichen Einbau von Radwegen auf dem Kreisel geben könnte.“

Da das Thema Knoten Ochsenzoll sehr vielen Radlern „unter den Pedalen brennen“ würde, bietet der ADFC am Sonnabend, 16. November, eine Radtour am Knoten Ochsenzoll an. Der „Kreisel-Versteher“ Rolf Jungbluth wird allen Radfahrern näher bringen, wie man schiebend oder auf der Fahrbahn fahrend seine Ziele am Kreisel erreicht. Außerdem will er die Planungsfehler der Stadt erläutern. Treffpunkt für alle Radler ist um 14.30 Uhr direkt am Kreisel.