Einzige Stadt mit Geburtenüberschuss im Kreis Segeberg. Bevölkerung wächst überproportional

Kreis Segeberg. In Kaltenkirchen wurde in den vergangenen Jahren offenbar alles richtig gemacht: Keine andere Stadt im Kreis wird bis zum Jahr 2030 so stark wachsen. Der Ort soll in den nächsten 17 Jahren einen größeren Einwohnerzuwachs verzeichnen als Norderstedt. Das geht aus der Bevölkerungs- und Haushaltsprognose hervor, die ein externes Planungsbüro im Auftrag des Kreises Segeberg erarbeitet hat.

Der Kreis Segeberg beteiligt sich an dem Leitprojekt Demografie und Daseinsvorsorge in der Metropolregion Hamburg. Im Vorlauf auf das eigentliche Projekt wurde daher in den vergangenen Monaten eine Prognose auf Ebene der Städte und Gemeinden erarbeitet. Daraus wiederum sollen Strategien und Steuerungsmöglichkeiten für die weitere Entwicklung abgeleitet werden. Das Ergebnis ist auf den Gesamtkreis bezogen nicht überraschend: Die Entwicklung der Bevölkerungszahl bleibt relativ konstant – leichter Anstieg bis 2020, dann eine rückläufige Entwicklung –, die Zahl der älteren Menschen nimmt zu. So wächst die Gruppe der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, gegenüber heute um fast ein Drittel. Die Zahl der Menschen unter 20 Jahren nimmt um 15 Prozent ab, die Zahl der 20- bis 65-Jährigen geht um acht Prozent zurück.

Die Orte entlang der Autobahn 7 werden weiter wachsen

Einzeln betrachtet gibt es im Kreis Segeberg aber erhebliche Unterschiede in der Entwicklung. So werden die Orte entlang der A7 weiter wachsen. Kaltenkirchen am meisten: Bis 2030 soll die Einwohnerzahl um 2720 wachsen. Den Grund dafür sieht Projektleiter Jens Rümenapp aus Berlin vor allem in der Weitsicht der örtlichen Planer: Weil in der Vergangenheit überproportional viel Bauland zur Verfügung stand, liegt das Durchschnittsalter der Kaltenkirchener unter dem Landesdurchschnitt. Außerdem wird nach dem jetzigen Planungsstand weiterhin viel Bauland zur Verfügung gestellt, sodass sich dieser Trend festigen kann. Und: Kaltenkirchen ist der einzige Ort im Kreis mit einem Geburtenüberschuss. Damit steht die Stadt einzigartig da: Schon seit 50 Jahren gibt es in Deutschland den offenbar unaufhaltbaren Trend zur Überalterung der Bevölkerung – Kaltenkirchen hat sich diesem Trend als eine der wenigen Städte in Deutschland erfolgreich widersetzt. Aber auch Norderstedt wird 2030 wahrscheinlich 2270 Einwohner mehr haben, Henstedt-Ulzburg 1560, Ellerau 370 und Bad Bramstedt 690. Diese Orte profitieren von der unmittelbaren Nähe zu Hamburg, Bad Bramstedt zusätzlich vom kommenden Autobahndreieck A7/A20.

Das sind die einzigen Erfolgsmeldungen, mit denen Jens Rümenapp, der zusammen mit Partnern in Berlin ein Büro für Stadtentwicklung und Mobilität betreibt, aufwarten kann. Alle anderen Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg erleben einen Negativtrend, der bisweilen dramatische Ausmaße annimmt. So wird die Einwohnerzahl Bornhöveds um 1580 zurückgehen, die Kreisstadt Bad Segeberg wird einen Bevölkerungseinbruch um 1860 Menschen erleben, in den Gemeinden des Amtes Kisdorf wird es 890 Menschen weniger geben, Wahlstedts Bevölkerung geht um 1320 zurück.

Im Gegensatz zum leichten Bevölkerungsrückgang wird es im Jahr 2030 im Kreis Segeberg aber mehr Haushalte geben, womit auch ein entsprechend zusätzlicher Bedarf an Wohnraum bestehen wird. Der Grund ist die steigende Zahl der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte. Die Zahl der Drei- und Vier-Personen-Haushalte geht hingegen zurück. Die Zahl der Haushalte mit Kindern nimmt deutlich ab, die der Seniorenhaushalte hingegen deutlich zu. Vor allem die Singlehaushalte von Personen ab 60 Jahren werden ansteigen.

Die einzelnen Städte, Gemeinden und Ämter sollen aus dieser Langzeitprognose ihre Schlüsse ziehen. „Sie ist eine Arbeitsgrundlage für die Daseinsvorsorge“, sagt Landrätin Jutta Hartwieg. „Die Orte müssen ihren Weg finden. Entweder sie stoppen den Trend oder sie machen das Beste daraus.“ Das bedeutet im Klartext: Die Politiker in Bad Segeberg sollten sich Gedanken machen, ob sie mehr Seniorenwohnanlagen bauen und Kindergärten in Senioren- oder Pflegeheime umwandeln. Die Kaltenkirchener Politiker könnten eher überlegen, ob sie weitere Kindergärten bauen oder die Schulen vergrößern, um noch mehr junge Familien in den Ort zu locken. Das Gesamtprojekt „Demografie und Daseinsvorsorge“ ist auf drei Jahre angelegt. Arbeitsgruppen, in denen Fachleute aus den unterschiedlichen Einrichtungen und Institutionen arbeiten, Politiker und Vertreter der Kommunen sollen Strategien erarbeiten, wie der Kreis rechtzeitig auf die Anforderungen der Zukunft reagieren kann. „Wir brauchen in dieser Zeit konkrete Ergebnisse“, sagt die Landrätin. „Und zwar mit konkreten Umsetzungs- und Finanzierungsplänen.“