Freispruch für Angeklagten, der sein sehr krankes Kaninchen nicht töten lassen wollte

Bad Segeberg. Ende August des vergangenen Jahres fand der Amtstierarzt das völlig abgemagerte und wegen einer Lähmung fast bewegungsunfähige Kaninchen Stoffel in der Wohnung von Andreas T., 49, aus Seth vor. Das Tier wurde eingeschläfert und T. wegen Tierquälerei angeklagt.

Vor dem Segeberger Amtsgericht macht der Angeklagte einen uneinsichtigen Eindruck, denn Stoffel habe nicht gelitten. Er habe das Tier gefüttert und gereinigt und regelmäßig zum Zähneabschleifen zum Tierarzt gebracht.

Der das Tier damals behandelnde Tierarzt Matthias Warzecha, 52, aus Oering bestätigt im Zeugenstand diese Darstellung. Er berichtet davon, dass der Leidensweg des Kaninchens 2010 begonnen habe, als die Hinterläufe des Tieres erstmals eine Lähmung aufwiesen. Mit verschiedenen Behandlungsmethoden habe sich der Zustand zunächst gebessert, dann jedoch wieder verschlechtert. Im Juli 2012 habe sich das Tier kaum noch bewegen können, aber der Angeklagte und seine Lebenspartnerin hätten nichts von einer Einschläferung hören wollen. Das inzwischen elf Jahre alte Kaninchen sei für sie wie ein Kind gewesen.

Die Krankheit sei bei diesem Tier ungewöhnlich langsam fortgeschritten, erklärt der Tierarzt ergänzend. Es sei deshalb schwierig gewesen, den richtigen Zeitpunkt für das Einschläfern des Tieres festzulegen.

Wegen einer unbezahlten Tierarztrechnung wechselte der zurzeit arbeitslose Angeklagte Mitte August 2012 zu Tierärztin Theresa Tödt, 38, aus Henstedt-Ulzburg. Sie erzählt in der Gerichtsverhandlung davon, dass der Angeklagte das in ein Handtuch eingewickelte Kaninchen zum Zähneabschleifen zu ihr gebracht habe.

Das Tier habe nur noch auf der Seite liegen und sich kaum bewegen können – für ein Fluchttier sei das eine Quälerei, so die Zeugin. Sie habe dem Angeklagten geraten, Stoffel einschläfern zu lassen, worauf der Angeklagte die Praxis wutentbrannt mit dem Kaninchen verlassen habe.

Die Tierärztin erstattete Anzeige, und kurz danach erhielt der Angeklagte Besuch vom Amtstierarzt, der ihm immerhin noch eine Woche Zeit gab, sich von Stoffel zu verabschieden. Dann wurde das Kaninchen von seinen Leiden erlöst.

Während die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 400 Euro wegen Tierquälerei fordert, sieht Richterin Sabine Roggendorf eine vorsätzliche Quälerei des Kaninchens nicht als gegeben an. Der Angeklagte habe das Tier aufopferungsvoll gepflegt. Es sei nicht zu widerlegen, dass das Kaninchen noch gefressen und eine gewisse Lebensfreude empfunden habe. Mangels Vorsatz wird der Angeklagte vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen.