Eine Glosse von Frank Knittermeier

Blurred Lines! Schon mal gehört? Nein? Ich schon: Den ganzen Sommer über, immer wieder und wieder und wieder. Jeden Tag bei der Arbeit, obwohl ich nie ein Radiogerät eingeschaltet habe. Der Song hängt einfach immer in der Luft, speziell in meinem Büro. Und das hat einen besonderen Grund: Direkt unter dem Fenster steht eine Ampel, vor der die Autos naturgemäß halten müssen – weil der Sommer so schön war, vorzugsweise mit geöffnetem Fenster oder geöffneten Dach. Das gönnt man jedem, der tagsüber mit dem Auto unterwegs sein muss.

Wie schön ist es, wenn auch andere Menschen von einem Autoradio profitieren, obwohl sie gar nicht im Auto sitzen. Da wummern die Bässe noch in 50 Metern Entfernung. Bis zu meinem Bürofenster sind es höchstens zehn Meter. Da ist der Sound noch besonders fett. Blurred Lines also ist offensichtlich der Song des Sommers. Das schließe ich messerscharf, weil kein anderer Song so oft zu hören war.

Der Sound der verschwommenen Linien, so ungefähr ist die deutsche Übersetzung des Titels, hat sich in meinen Gehirnwindungen und in meinem musikalisches Gedächtnis eingeprägt, obwohl ich mir erst von popmäßig besser orientierten Mitmenschen sagen lassen musste, wie der Name des Songs lautet. Selbst der Kollege, der den ganzen Tag über undefinierbaren Fahrstuhljazz aus seinem PC dudeln lässt, kann sich dem Charme des Liedes nicht entziehen.

Nun ist der Sommer vorüber, und am Montag hat es ordentlich gestürmt. Doch ein Gedanke ist beruhigend: Solang Blurred Lines durch das Büro wabert, ist Sommer. Irgendwie.