Am Wöddel in Henstedt-Ulzburg entsteht ein ungewöhnliches Wohnprojekt für hilfsbereite Menschen

Henstedt-Ulzburg. Am heutigen Mittwoch treffen sie sich wieder von 19.30 Uhr an im Bürgerhaus: die 32 Mitglieder des Vereins „Gemeinsam-toHUs Wohnen 50 Plus“. Nur ein Thema steht auf der Tagesordnung: das von ihnen initierte Gemeinschafts-Wohnprojekt für hilfsbereite Menschen am Wöddel 21 im Ortsteil Henstedt. „Das Modell ist einzigartig in Schleswig-Holstein“, sagt Dorothée Köster, die Vorsitzende des im Februar gegründeten Vereins. Auf einem 1984 Quadratmeter großen Grundstück, auf dem viele Jahre ein Edeka-Markt stand, will der Bauverein Kaltenkirchen e.G. ein zweigeschossiges Gebäude mit 23 seniorengerechten und barrierefreien Wohnungen errichten. 17 Zweizimmer- und sechs Dreizimmerwohnungen, zwischen 50 und 75 qm groß, sind geplant.

Die Architekten Frank Missling, Philipe Roden und Rolf Kuhfeldt sind, nachdem die Gemeinde den Bebauungsplan 62 geändert und genehmigt hat, bei der Arbeit. „Wir sind glücklich, dass wir den Bauverein für unsere Idee begeistern konnten“, sagt Doris Tachezy, Vorsitzende des Seniorenbeirates in Henstedt-Ulzburg und Mitglied des Arbeitskreises „Plus 50“. Der Bau des Gemeinschaftshauses einschließlich des Grundstückes kostet etwa fünf Millionen Euro, die Mieter müssen im Gegensatz zu ähnlichen Projekten keine Eigenmittel aufbringen. Bewerber zahlen eine Aufnahmegebühr von 30 Euro und jährlich 24 Euro. Vor dem Einzug wird der Erwerb von zwei Genossenschaftsanteilen beim Bauverein in Höhe von 300 Euro fällig.

Die Idee hinter dem Projekt erläutert Dorothée Köster: „Die Menschen, die hier wohnen werden, sollen ihren dritten Lebensabschnitt aktiv gestalten, sich geborgen und aufgehoben fühlen. Hier entsteht ein Haus, in dem jeder Bewohner für andere da ist und freiwillig seine Hilfe anbietet. Breite Flure gibt es, einen Multifunktionsbereich und eine große Terrasse.“

Die Warteliste ist lang. „Schon heute wären 23 der 32 Mitglieder bereit, sofort einzuziehen“, sagt Doris Tachezy, die ebenso wie Vorstandsmitglied Ekkehard Schmidt auf der Liste steht.

Die Geschichte des Grundstücks Am Wöddel 21 liest sich spannend: 45 Jahre hat der im März 2013 verstorbene Einzelhandelskaufmann Paul Giese, 81, den Lebensmittelmarkt geführt. Im Jahr 2003 folgte seine Tochter Susanne Cates-Otto, 53, verheiratet in Neuseeland. Sie gab den Markt nach zwei Jahren auf.

Anfang März 2005 versuchte die Hausfrau Fiona Griese, 39, mit dem Geschäft „Top Kauf“ ihr Glück. Das dauerte nicht lange: Im Juli wurde sie Opfer eines Raub- und Entführungsfalles.

Seitdem stand das Gebäude leer. Als Paul Giese starb, verkauften seine Erben Haus und Grundstück an den Bauverein Kaltenkirchen. „Wir freuen uns über die Initiative des Vereins Gemeinsam toHUs-Wohnen 50 Plus“, sagt BV-Vorstand Stefan Ellendt.

Bevor die Bagger für den Abriss des Gebäudes anrollen, müssen laut Ellendt noch einige finanzielle Fragen geklärt werden: „Wir stehen wegen der Vergabe von Fördergeld in Verhandlungen mit der Investitionsbank in Kiel.“

Doris Tachezy denkt schon an die Zukunft: „In unserer Gemeinde leben 6300 Bürger, die älter als 60 Jahre sind. Der Bedarf ist also da. Ich könnte mir vorstellen, dass es bald mehrere solcher Wohnmodelle geben wird.“