Der Henstedt-Ulzburger Fabian Förster arbeitet die Kosten seiner Piloten-Ausbildung bei der Flugschule ab

Mal ehrlich: Welcher Autofahrer prüft schon vor Fahrtantritt, wie es vorgeschrieben ist, ob Bremsleuchten, Blinker und Licht funktionieren? Kaum jemand. Was im Straßenverkehr also eher lässig gehandhabt oder ganz vergessen wird, ist in der Luftfahrt eine eiserne Regel: Ohne Außen- und Vorflugcheck geht gar nichts. Vor allem dann nicht, wenn man Addy Altin von der Flugschule Hamburg als Fluglehrer hat.

Der drückt Fabian Förster auf dem Flugplatz Uetersen-Heist die Checkliste in die Hand und los geht’s. Punkt für Punkt muss der 22 Jahre alte Flugschüler Dutzende von Positionen für die Überprüfung der einmotorigen Cessna 172 abarbeiten. Zustand der Bremsen und der Bereifung, Kontrolle des Propellerblatts auf Beschädigungen, Funktion der Ruder und Landeklappen – das sind nur ein paar Beispiele. Altin begleitet den Rundgang und mischt sich nur ein, wenn zusätzliche Erläuterungen nötig sind. Klappert es, wenn man gegen die Rumpf-Verschalung klopft? „Dann könnte einer der Seilzüge für die Betätigung der Höhen- und Seitenruder beschädigt sein“, sagt der Fluglehrer. Ölstand mit dem Peilstab prüfen – okay. Ist genügend Kraftstoff in den Tanks? Sitzen die Tankdeckel fest verschlossen mit den Griffstücken in Flugrichtung? Alles in Ordnung.

Nach weiteren Checks von Technik, Elektronik und Navigation im Cockpit startet Fabian den Motor. Die Maschine rollt zur Bahn 09, Startrichtung Osten. Zehn Grad Landeklappen setzen, um auf der Graspiste den Auftrieb zu erhöhen, Vollgas, und dann hebt die Cessna nach leichtem Ziehen am Steuerhorn fast von selbst ab. Fabian Förster sitzt links im Cockpit, dort wo der Captain seinen Platz hat. Die Maschine steigt mit 70 Knoten (etwa 130 km/h). Nach Verlassen der Platzrunde steuert er das viersitzige Flugzeug in Richtung Elbe. „Kopilot“ Addy Altin ist zufrieden mit seinem Schüler.

In der Flugschule wurden mehr als 600 Piloten ausgebildet

Die Flugschule Hamburg hat auf dem Grasplatz Uetersen-Heist ihr Hauptquartier. Seit Gründung des Unternehmens vor zwölf Jahren sind schon mehr als 600 Piloten ausgebildet worden. Die meisten erwerben als angehende Hobby-Flieger die Privatpiloten-Lizenz (PPL). „Das sind etwa 60 Prozent unserer Flugschüler“, sagt Altin. Die anderen Kunden, teilweise schon im Besitz von Fluglizenzen, lassen sich zu Fluglehrern sowie zu Berufs- oder Verkehrspiloten aus- und fortbilden.

Fabian Förster hat sein Ziel fest im Blick: „Ich will Pilot werden und Düsenflugzeuge fliegen.“ Bis dahin ist es ein langer Weg, der mit der Privatpiloten-Ausbildung im Dezember vorigen Jahres begonnen hat. Bis zum Erwerb der Verkehrspilotenlizenz werden vier Jahre vergehen, bevor Fabian zunächst als Kopilot (First Officer) und dann eines Tages als Flugkapitän im Cockpit der Privatjets der Luftverkehrsgesellschaft Air Hamburg sitzen wird.

Dass Fabian Förster seinen Berufsweg so klar vor Augen hat, beruht auf einer besonderen Abmachung mit der Flugschule Hamburg und der Luftverkehrsgesellschaft Air Hamburg. Die von Floris Helmers und Alexander Lipsky geführte Firma ist aus der Flugschule entstanden und größtes norddeutsches Luftverkehrsunternehmen für Privatjets geworden. Die Flugschule hat für Verkehrspiloten ein Modell entwickelt, von dem jetzt auch der angehende Pilot aus Henstedt-Ulzburg profitiert. Statt die Ausbildungskosten von weit mehr als 100.000 Euro zu finanzieren, hat sich Förster verpflichtet, mehrere Jahre als Praktikant in der Flugschule und für Air Hamburg tätig zu sein und gegebenenfalls danach als Fluglehrer zu arbeiten. Außerdem gibt es für ihn die Perspektive, später als Verkehrspilot bei Air Hamburg anzuheuern.

Fabian übernimmt auch die Pflege der Maschinen

Die Vereinbarung „Ausbildung gegen Arbeit“ ist für den jungen Mann mit dem ausgeprägten Faible für Fliegerei optimal. „Ich bin den ganzen Tag auf dem Flugplatz und habe praktisch mit allen Bereichen des Fliegens zu tun.“ Fabian pflegt die Maschinen der Flugschule und betankt auch die größeren zweimotorigen Flugzeuge des Typs Britten-Norman Islander von Air Hamburg. Zwischendurch vereinbart er Termine für Flugschüler im Flugplatzbüro der Schule, koordiniert Buchungen für Rundflüge oder den Chartereinsatz im regionalen Flugverkehr. Von Stress keine Spur: Bei Fabian Förster überwiegt eindeutig die Freude am Praktikum. Der ständige Umgang mit den Flugzeugen und den zur Fliegerei gehörenden Geschäftsabläufen ist für ihn die ideale Ergänzung zur weiteren Ausbildung.

Seit dem Dezember 2012 hat Fabian bereits ein gutes Stück auf dem Weg zum Traumberuf zurückgelegt. Nach 80 Unterrichtstunden die Theorieprüfung für die Privatpiloten-Lizenz geschafft und etwa 20 Stunden Flugpraxis erworben. Sogar mit den ersten Solo-Platzrunden ohne Fluglehrer an Bord hat es geklappt. „Als Addy ausstieg, um mich allein an den Start zu schicken, fand ich das ziemlich aufregend. Doch nach dem Abheben habe ich einfach nur Spaß am Fliegen gehabt“, erzählt Fabian. Bis zum First Officer im Jet werden noch Hunderte von Flugstunden hinzukommen. Air-Hamburg-Pilot Jan Hackethal war vor fünf Jahren der erste Praktikanten-Flugschüler. Inzwischen ist er als zweiter Mann im Cockpit über ganz Europa mit 850 km/h im Einsatz und fliegt sogar den neuen Großraum-Jet von Air Hamburg, die Embraer Legacy mit 15 Sitzplätzen und Reichweiten bis über den großen Teich.

In der aktuellen Flugstunde steuert der Praktikant Förster jetzt in knapp 450 Meter Höhe unter einer dichten Wolkendecke die Elbe entlang in Richtung Hamburg. Die Cessna mit dem Rufzeichen D-EDDH verfügt über zwei Bildschirme im Cockpit, auf denen alle wesentlichen Daten wie Kurs, Flughöhe, Steigrate, Motordrehzahl und vieles mehr abgerufen werden können. Das „Glascockpit“ ist im Gegensatz zu den früher gebräuchlichen Uhren-Armaturen der ideale Einstieg, da die Düsenmaschinen aus dem Private-Jet-Bereich von Air Hamburg alle über eine vergleichbare Ausstattung verfügen.

Jetzt steht der Einflug in die Kontrollzone, die den Hamburger Luftraum im Bereich der Flughafens Fuhlsbüttel und des Airbus-Werkflugplatzes Finkenwerder umgibt, auf dem Ausbildungsplan. Zwei Meilen vor dem Meldepunkt „Whisky 1“ in Höhe des Hamburger Yachthafens in Wedel nimmt Förster per Sprechfunk Kontakt mit den Lotsen der Flugsicherung in Hamburg auf. „Ohne Freigabe darfst du nie in eine Kontrollzone einfliegen“, sagt Altin. Fabian bekommt seine Einflug-Genehmigung vom Tower. Nach einem Abstecher bis zum Hafen ist noch ein Schwenk über die Alster erlaubt. Dann geht nach Verlassen der Kontrollzone zurück in Richtung Flugplatz Uetersen.

Der Nachwuchspilot erfragt die Landbahnrichtung, und fliegt dann nach eigenem Ermessen und Beobachtung des übrigen Luftverkehrs in die Platzrunde ein. Ein paar Sekunden später setzt der Flugschüler die Cessna schön sanft auf die Graspiste. „Eine perfekte Landung“, findet auch Addy Altin.