Bürger der Gemeinde verschönern ihre selbst gebastelten Ortsschilder, um sie vor der Verkehrsaufsicht zu retten

Winsen. Die Posse um das Winsener Ortsschild ist um einen weiteres Kapitel reicher. Im Zuge ihrer Dreharbeiten hatte das Team der NDR-Satiresendung „Extra3“ zwei Schilder aufgestellt, die dem echten Ortsschild täuschend ähnlich sehen. „Gleich kommt Winsen“ und „Fast schon Winsen“ lesen die Autofahrer nun, wenn sie aus Richtung Kisdorf kommend in den Ort einfahren wollen. Wenige Meter später folgt dann das eigentliche Ortsschild. Michael Krüger, Leiter der Verkehrsaufsicht, konnte das so natürlich nicht dulden – zu groß sei die Verwechslungsgefahr, die Schilder müssten weg.

Die tapferen Winsener aber geben sich nicht so leicht geschlagen und wurden zusammen mit dem NDR kreativ: Das Wort Kreis Segeberg wurde an beiden Schildern kurzerhand überklebt und durch ein „We love Winsen“-Aufkleber ersetzt. Zusätzlich verschönerten die Bewohner das erste Schild mit Blumen und einer leckeren Wurst. Die „Extra3“-Mitarbeiter brachten eine Pfeilkonstruktion und den Hinweis: „Dies ist kein Ortsschild“ an. Anschließend verschenkten sie die Schilder an die Winsener, sodass diese nun auf Privatgrundstücken am Rande der K49 stehen.

Den Stein ins Rollen brachte eine Bitte des Oersdorfer Bürgermeisters. Der fragte beim Kreis an, ob das Ortseingangsschild nicht etwas weiter außerhalb stehen könne. Als Beispiel führte er Winsen an. Sein Anliegen scheiterte, aber den Winsenern bescherte er eine böse Überraschung. Der alte Standort sei nicht rechtmäßig, weil dort keine geschlossene Bebauung zu erkennen sei, beschied Michael Krüger, Leiter der Kreisverkehrsaufsicht, und ließ das Schild etwa 150 Meter in Richtung Ortsmitte versetzen.

Schon damals schlug Winsen zurück: Ein im Dorf Robin Hood genannter Unbekannter versetzte das Verkehrszeichen immer wieder an den Platz, den die Winsener für ihren Ortseingang halten. Dort stand das Schild seit 1959 und bedeutete den Autofahrern, die Geschwindigkeit zu drosseln. Michael Krüger blieb aber hart und ließ das Schild ein ums andere Mal an seinen neuen Platz zurückbringen. Mittlerweile hat Robin Hood offenbar aufgegeben, und die Winsener haben formal Einspruch gegen die Versetzung des Ortsschildes eingelegt.

Der Grund für die Winsener Proteste ist die Sicherheit. Für besonders gefährdet halten die Anwohner Kinder, die morgens aus der Stichstraße Zum Felde in Richtung Schule aufbrechen und dabei direkt auf die Hauptstraße zufahren, an der die Autos nun mit maximal 70 km/h statt der innerorts vorgeschriebenen 50 km/h vorbei rauschen dürfen. „Im Endeffekt fahren sie aber eher 85 km/h“, beklagt sich Gemeindevertreterin Imke Busse. Auch Tochter Franca Busse, 11, und Freundin Lotta Thies, 11, beklagen sich: „Die Autos fahren zu schnell.“

Selbst Landrätin Jutta Hartwieg hat sich mittlerweile in den Streit eingeschaltet und den Winsenern die Hoffnung auf eine Rücknahme der Entscheidung genommen. Konkret geht es um die Häuser und Grundstücke, die an die Hauptstraße grenzen und nach Meinung der Verkehrsaufsicht nicht als geschlossene Bebauung gelten. „Eine geschlossene Bebauung definiert sich dadurch, dass die Bebauung auch zur entsprechenden Straße erschlossen ist“, sagt Michael Krüger. Im Klartext: Die Grundstückausfahrten müssten seiner Auslegung nach an der Hauptstraße und nicht an der kleinen Stichstraße zum Feld liegen.

Ob die Anwohner zumindest die selbst gebastelten Ortsschilder in ihren Gärten stehen lassen dürfen, entscheidet sich voraussichtlich in der kommenden Woche. Dann möchte Michael Krüger die Situation vor Ort genau prüfen lassen. Wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass trotz der liebevollen Bastelarbeit eine Verwechslungsgefahr besteht, würde er die Anwohner anweisen, die Schilder zu entfernen. „Und wenn das nicht passiert, dann machen wir es selber“, so Krüger.

Imke Busse versteht die ganze Aufregung nicht. „In welche Irre kann das Schild schon führen? Schlimmstenfalls bremst ein Autofahrer schon 150 Meter weiter vorne auf 50 km/h ab. Was für eine schlimme Vorstellung“, sagt sie sarkastisch.

Ein Gutes hat der groteske Streit aber: „Das Dorfklima ist so gut wie nie zuvor. Wir stehen alle eng zusammen“, sagt Busse. Aufgeben wollen die Winsener noch lange nicht.